„Wir wollen kein neues Hilfsprogramm“
Brüssel · Kurz vor der Parlamentswahl werden die Töne der griechischen Linken moderat. Syriza-Chef Alexis Tsipras signalisiert Kompromissbereitschaft im Streit um die Fortsetzung der Sparpolitik.
Das Feindbild bekommt langsam Risse. Über viele Jahre hinweg galt der 40-jährige Alexis Tsipras als der Mann, den man um jeden Preis daran hindern muss, den Stuhl des griechischen Regierungschefs einzunehmen. Zehn Tage vor der Parlamentswahl am 25. Januar scheint er sein Ziel nun doch zu erreichen. Der Chef des Links-Bündnisses Syriza liegt in den Umfragen vor den derzeit regierenden Christdemokraten. Und er legt sich gerade ein neues Image zu. Längst spricht er nicht mehr vom Austritt des Landes aus dem Euro. Er knüpft sogar Kontakte nach Brüssel und Frankfurt zur Europäischen Zentralbank, vor allem aber nach Berlin und Paris.
"Die deutschen Steuerzahler haben von einer Syriza-Regierung nichts zu befürchten. Im Gegenteil", schrieb er in einem Beitrag für das "Handelsblatt". Mit dem deutschen Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen (SPD ) werde bereits "gesprochen", bestätigte Tsipras' Wirtschaftsberater John Milios. "Wir können die Deutschen beruhigen. Wir wollen kein neues Hilfsprogramm. Wir wollen nicht mehr abhängig sein."
Die behutsamen Kontakte, die mit Wissen der Bundeskanzlerin, der EU-Kommission und der Euro-Gruppe stattfinden, sollen Wege ausloten, wie mit einer neuen Regierung in Athen weiterverfahren werden kann. Denn in der Währungsunion grassiert die Furcht, dass das letzte der beiden Hilfspakete (insgesamt 240 Milliarden Euro) demnächst eher beiläufig endet, ohne die gewünschten Wirkungen zu entfalten. Schließlich sollen die Hellenen sich künftig wieder selbst am Kapitalmarkt bedienen - nicht zuletzt, um die Altschulden zu begleichen.
Bisher hatte Tsipras die Euro-Partner eher mit Ausstiegsgerede verärgert. Nun klingt er plötzlich ganz anders. Er wolle, versichert Tsipras, in der Euro-Zone "zu einer neuen Übereinkunft kommen, die es der griechischen Bevölkerung möglich macht, ihre Produktivität freizusetzen und in Würde zu leben".