„Wir sind trotzdem Partner erster Klasse“

Nach den Enthüllungen über die Abhöraktionen des US-Geheimdiensts NSA fühlt sich Deutschland von den USA vor den Kopf gestoßen. SZ-Redakteurin Iris Neu sprach mit dem Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Saarbrücken, Werner Kremp.

Herr Kremp, bislang fühlten wir Deutschen uns als enge Verbündete der USA. Im Zuge der Enthüllungen über die US-Datenspionage haben wir erfahren, dass die Bundesrepublik für die USA nur Partner dritter Klasse ist. Wie ist das zu begreifen?

Kremp: "Partner dritter Klasse" gilt wohl ausschließlich für diese Abhör-Aktion. Ich denke aber, auf allen anderen Ebenen sind wir Partner erster Klasse. Das hat auch der Besuch von Barack Obama in Berlin gezeigt. Dennoch ist die Datenspionage natürlich schlechteste Klasse - und zwar von Seiten Amerikas.

Kann man da wirklich zwischen Ebenen unterscheiden? Normalerweise würde man enge Freunde nicht so schamlos belauschen.

Kremp: Man muss sich immer vor Augen halten: Es sind ja nicht nur die Amerikaner, die abhören. Deutschland und andere Staaten tun es auch, vielleicht nicht in diesem Umfang. Wenn man aber mal wirklich alles offen legen würde, denke ich, wäre die Differenz gar nicht so groß.

Womit soll sich ausgerechnet Deutschland das Misstrauen der USA zugezogen haben?

Kremp: Das kann ich mir selbst nur sehr schwer erklären. Vielleicht liegt eine der Ursachen für die umfangreiche Spionagetätigkeit darin, dass die Amerikaner in Deutschland militärisch noch sehr stark vertreten sind, etwa in Ramstein. Möglicherweise werden Informationen von diesen Stellen aus in den Geheimdienst, die NSA, hineintransportiert.

Deutsche Politiker geben sich empört. Denken Sie, dass Berlin tatsächlich nichts gewusst hat?

Kremp: Nichts gewusst, das halte ich für unwahrscheinlich, zumal wir ja auch durchaus profitiert haben. Wenngleich der Schutz vor dem Terror sicherlich nur ein Argument für Spionage ist. Ich denke aber, die besonders empörte Reaktion der deutschen Politiker ist auch dem derzeitigen Wahlkampf geschuldet.

Steht jetzt das transatlantische Bündnis auf dem Spiel?

Kremp: Das glaube ich nicht. Das transatlantische Bündnis ist ja sehr stark von den Wirtschaftsbeziehungen geprägt. Allein für das Saarland sind die USA die wichtigsten außereuropäischen Handelspartner.

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