Saarbrücken „Wir müssen weiter kämpfen“

Saarbrücken · Die SPD-Spitzenpolitikerinnen Rehlinger und Dreyer warnen bei Bundeskonferenz sozialdemokratischer Frauen vor Rückschritten in der Gleichberechtigung.

 „Sie ist eine besondere Frau“: Malu Dreyer, rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin (v. r.), über Elke Ferner, die 14 Jahre lang ASF-Chefin war.

„Sie ist eine besondere Frau“: Malu Dreyer, rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin (v. r.), über Elke Ferner, die 14 Jahre lang ASF-Chefin war.

Foto: BeckerBredel

Eine Genossin aus Nordrhein-Westfalen stellt in der Saarbrücker Congresshalle eine eigentlich belanglose Frage, die in diesen Tagen aber leider allzu schnell hochpolitisch klingen kann: „Wer sitzt direkt neben den Bayern?“ In ihrer Gruppe gibt es erstmal kurzes Schweigen. Aber keine Sorge, bei der dreitägigen Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) hat niemand was gegen Bayern – sofern sie in der SPD sind. Bei diesen „wildgewordenen CSUlern“ sähe das wohl schon anders aus, wie die oberste Saar-Genossin, Anke Rehlinger, die Christsozialen später nennen wird. Die ASF-Frau aus NRW wollte lediglich wissen, wer aus ihrer gerade eingetroffenen Gruppe zu den bereits sitzenden bayrischen SPD-Frauen aufschließen wolle.

Das derzeitige groß-koalitionärer Einer-gegen-den-anderen hätte auch nicht zur ASF gepasst. Sie will Geschlossenheit vermitteln. Die brauchen diese Frauen auch für ihr Ziel: die völlige Gleichberechtigung  in der Gesellschaft. „Freiwillig machen die das nicht“, wird später eine Rednerin durchs Mikro rufen. Mit „die“ sind dabei Männer gemeint.

Und das nicht zu Unrecht, schaut man darauf, was sich bei der Gleichberechtigung in 100 Jahren nach der Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland getan hat – und was nicht. Allein im aktuellen Bundestag gibt es nur einen Frauenanteil von gut 31 Prozent. Zudem ist das der niedrigste Stand seit 1998.

Es gibt also noch viel zu tun, lautet auch der Tenor aller Redner am ersten Tag des Kongresses. Beispielsweise bei der Arbeitsmarktpolitik. „Wir können immernoch keinen Haken hinter ‚Gleicher Lohn für gleiche Arbeit’ machen. Das kann doch nicht sein“, sagt Rehlinger. Der Satz „Frauen verdienen 20 Prozent weniger als Männer“ würde lediglich nur noch „abgestumpft“ wirken. „Wir müssen trotzdem weiter kämpfen“, fordert die Saarländerin – und redet sich in Rage. Oder wie eine Kongress-Teilnehmerin kurz darauf twittert: Anke Rehlinger „delivered gerade richtig“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer tut es ihr gleich und zeichnet ein noch düsteres Bild unserer Gesellschaft. „Wir erleben gerade einen echten Rollback, was Frauenrechte angeht.“ Wegen rechter Populisten. Diese würden massiv ein traditionelles Frauenbild bewerben, Mädchenförderung als Diskriminierung von Männern darstellen und (sexuelle) Gewalt gegen Frauen für Ausländerhass instrumentalisieren. „Das war schon mal alles so in der Geschichte Deutschlands und da wollen wir nicht mehr hin“, so Dreyer. Autoritäre Politik habe weltweit ein Gesicht  – „und das ist männlich“, sagt später auch Juso-Chef Kevin Kühnert, einer der zahlreichen bundespolitischen Gastredner.

Eine, die dagegen über Jahrzehnte gekämpft habe, meint nicht nur Kühnert, sei Elke Ferner. Die Saarländerin war 14 Jahre lang Vorsitzende der ASF. Sie gibt das Amt aber jetzt ab – an eine Bayerin.

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