"Wir können alles erreichen"

Madrid. "Ich bin stolz darauf, das Down-Syndrom zu haben." Nicht nur Pablo Pineda schlägt sich an die Brust. Ganz Spanien staunt und freut sich darüber, was der 34-jährige Mann mit seiner angeborenen genetischen Krankheit bisher geleistet hat. Pablo Pineda ist der erste Europäer mit Down-Syndrom, der einen Universitätsabschluss erreichte

 Pablo Pineda Foto: Anzenberger

Pablo Pineda Foto: Anzenberger

Madrid. "Ich bin stolz darauf, das Down-Syndrom zu haben." Nicht nur Pablo Pineda schlägt sich an die Brust. Ganz Spanien staunt und freut sich darüber, was der 34-jährige Mann mit seiner angeborenen genetischen Krankheit bisher geleistet hat. Pablo Pineda ist der erste Europäer mit Down-Syndrom, der einen Universitätsabschluss erreichte. Er ist Lehrer, wenn auch noch ohne feste Anstellung. Und er ist in Spanien ein Star. Demnächst läuft der spanische Kinofilm "Yo tambien - Ich auch" an, in dem Pablo Pineda die Hauptrolle spielt und seine eigene Geschichte erzählt.

Seit Monaten zieht er durch die Universitäten des Landes, erklärt Studenten wie Professoren, dass Menschen mit dem Down-Syndrom oft sozial ausgegrenzt und ihrer Rechte beraubt werden: "Aber ich kann vieles machen", lautet seine Botschaft und in seinen Augen spiegelt sich ein starker Wille. "Ich kann studieren. Arbeiten. Und ich kann mich auch verlieben."

Dieser Tage trat er in einer Grundschule im südspanischen Malaga sein Lehrer-Praktikum an. Pineda diskutierte mit den Schülern, wie Förderung und Integration von Kindern mit Down-Syndrom aussehen sollte: "Man muss sie so erziehen, dass sie unabhängig und glücklich sein können. Ihnen Freiheiten zugestehen, dem übermäßigen Beschützerbedürfnis der Eltern zu entfliehen. Und man muss zulassen, dass sie auch schlechte Erfahrungen machen." Nur so könnten sie weiterkommen.

"Wir können alles erreichen, was wir uns vornehmen", sagt der selbstbewusste Mann mit weit ausholender Geste. Auch wenn jeder Down-Syndrom-Fall anders verlaufe. Einige Betroffene, wie er, könnten sich hohe Ziele stecken, andere nur niedrige. Einige seien schwer geistig behindert, andere könnten Erstaunliches leisten. Die Vorurteile der Gesellschaft seien freilich nicht leicht zu überwinden. "Ich weiß, wenn ich in der Zukunft wirklich als Lehrer arbeite, ist das brutal für die Gesellschaft. Viele Familien haben Angst vor Menschen mit Down-Syndrom - etwa als Lehrer oder auch als Liebhaber ihrer Kinder." Pablo Pineda, der als Kind stotterte und heute mit fester Stimme seine Vorträge hält, weiß, wovon er spricht. Sein bisheriger Lebensweg war nicht einfach. Er musste viele Hürden nehmen, denn die Menschen mit Down-Syndrom werden oft ihr Leben lang wie Kleinkinder behandelt. "Ich musste jeden Tag beweisen, dass ich das alles schaffen kann." Er besuchte als Schüler keine Behinderteneinrichtung, sondern eine Regelschule; Spanien gilt bei der schulischen Integration von Kindern mit Down-Syndrom als Vorreiter. Dabei sei es mit manchen Lehrern, die ihm nichts zutrauten, schwieriger gewesen als mit den Klassenkameraden. Auch in Zukunft will Pineda sich nicht durch gesellschaftliche Schranken aufhalten lassen: "Ich bin es leid, der ewige Schüler, das ewige Kind zu sein. Jetzt bin ich dran, den Leuten etwas beizubringen."

Hintergrund

Alle drei Minuten kommt irgendwo auf dem Globus ein Baby mit Down-Syndrom zur Welt. Insgesamt leben weltweit rund fünf Millionen Menschen mit dieser angeborenen Krankheit.

 Pablo Pineda Foto: Anzenberger

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Die Menschen mit Down-Syndrom haben in jeder ihrer Zellen ein Chromosom mehr als andere Menschen, und zwar 47 statt 46 Chromosomen. Dabei ist das Chromosom 21 gleich dreifach statt zweimal vorhanden. Aufgrund dieses überzähligen Chromosoms haben die Kinder körperliche Besonderheiten, etwa bei Kopfform oder Augen. Die geistigen Fähigkeiten können von schwerer Behinderung bis zu normaler Intelligenz reichen. ze

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