Wie wichtig ist das Amt des Wirtschaftsministers?

Berlin. Die Internetseite des Wirtschaftsministeriums präsentiert derzeit stolz die "Umweltprämie". Leider stammt diese Idee zur Ankurbelung der Autoindustrie nicht vom scheidenden Amtsinhaber Michael Glos (CSU), sondern von der SPD. Auf dem Rest der Seite werden vornehmlich Zahlen referiert, die ohnehin anfallen

Berlin. Die Internetseite des Wirtschaftsministeriums präsentiert derzeit stolz die "Umweltprämie". Leider stammt diese Idee zur Ankurbelung der Autoindustrie nicht vom scheidenden Amtsinhaber Michael Glos (CSU), sondern von der SPD. Auf dem Rest der Seite werden vornehmlich Zahlen referiert, die ohnehin anfallen. Der Jahreswirtschaftsbericht etwa oder Daten über den Energieverbrauch. Dieser Wirtschaftsminister war nicht der Lotse auf einem Schiff in unruhigen Zeiten, sondern eher ein mitfahrender Passagier, der nun von Bord springt.

Das einst von Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. für kriegsversehrte Soldaten errichtete "Invalidenhaus" nahe des Berliner Hauptbahnhofs, heute Sitz des Ministeriums, kann einem mit seinem endlosen Fluren noch größer vorkommen als es ist, wenn man als Chef wenig Kompetenzen hat - oder aus seinen Kompetenzen wenig macht. "Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt", sagte der 2004 verstorbene frühere Amtsinhaber Günter Rexrodt (FDP). Er markierte damit den Tiefpunkt des Verständnisses von dieser Aufgabe, ehe Michael Glos ihn jetzt mit seinem Rücktritt mitten in einer schweren Rezession noch übertraf. Auf der anderen Seite stehen Namen wie Ludwig Erhard (CDU, Foto: dpa) und Karl Schiller (SPD), der eine Vater der sozialen Marktwirtschaft, der andere Begründer der konzertierten Aktion.

Das Ministerium ist ein Querschnittsressort. Es darf fast überall mitreden. Aber es hat kaum Geld und wenig Kompetenzen. Michael Glos verwaltete zuletzt weniger Mittel als etwa die Familienministerin. Die meisten Schlagzeilen machte er, wenn er Gesetzesvorhaben anderer, am liebsten des Umweltministers Sigmar Gabriel (SPD), blockierte oder für die Atomkraft warb. Die Geschichte des Ministeriums aber zeigt, dass es ein Machtzentrum sein kann. Freilich nur dann, wenn sein Chef selbst politisch mächtig und entsprechend verdrahtet ist. Erhard war Vizekanzler, Schiller galt als möglicher Nachfolger Willy Brandts und leitete als "Superminister" auch das Finanzministerium. Ähnlich stark war unter Gerhard Schröder eine Zeit lang auch Wolfgang Clement (SPD), der sich zusätzlich die Zuständigkeit für den Arbeitsmarkt geangelt hatte. Mächtige Wirtschaftsminister können Akzente setzen. Sie liefern dann die Blaupause für die gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik einer Regierung und auch ihrer Parteien. Otto Graf Lambsdorff (FDP) etwa leitete 1982 mit einem Papier über Sozialkürzungen die Wende zur christlich-liberalen Koalition ein. Aber die meisten Amtsinhaber blieben bloße Verwalter. kol

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