Wie Maas die Partei auf Position schieben will

Der Song stammt von den "Höhnern" aus Köln und er passt nach Ansicht vieler Genossen zur flirrenden Befindlichkeit der saarländischen SPD: "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Parteichef Heiko Maas, nach dem Ende von Jamaika quasi über Nacht ins Rampenlicht katapultiert, hat den Spruch schon gehört

Der Song stammt von den "Höhnern" aus Köln und er passt nach Ansicht vieler Genossen zur flirrenden Befindlichkeit der saarländischen SPD: "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Parteichef Heiko Maas, nach dem Ende von Jamaika quasi über Nacht ins Rampenlicht katapultiert, hat den Spruch schon gehört. Und weil er weiß, wie seine Genossen ticken, steckt er gerade mitten im kniffligsten Prozess seines politischen Lebens: Wie kriege ich die Partei in die richtige Position?Als die SPD Saar 1999 die Landtagswahl und damit die Macht verlor, war Maas der jüngste Umweltminister Deutschlands. Er musste in die Opposition, wurde Fraktions- und dann Parteichef. Das perspektivische Ziel war klar: der Sessel des Ministerpräsidenten. Zwei Wahlen und zwölf Jahre später hat der Triathlet aus Saarlouis tatsächlich die große Chance, Kalif zu werden anstelle der neuen Kalifin - doch er greift nicht entschlossen zu, sondern wählt die abwägende Variante: Das Angebot von Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), das Land gemeinsam mit einer großen Koalition zu führen, wolle er "ernsthaft prüfen", sagte er zum Erstaunen von Freund und Feind.

Es wird eine schwere Prüfung, auch für ihn persönlich. Denn längst nicht alle Genossen können den sanften Kurs nun nachvollziehen. Namhafte Parteifreunde wie Ottmar Schreiner, Leo Petry, Charlotte Britz oder Sebastian Thul plädieren, in der Logik bisheriger SPD-Politik, klar für Neuwahlen. Die große Masse hält sich hingegen auffallend zurück, womöglich, weil ihnen wegen "der extrem schwierigen Lage des Landes" (Generalsekretär Reinhold Jost) irgendwie schwant: Es geht nur mit einer großen Koalition. Auf dieser Welle surft offenbar auch der Vorsitzende Maas, der sich seine einmalige Chance nicht vermasseln will - aber nur schwer verbergen kann, dass er den fliegenden Wechsel zur CDU den möglichen Neuwahlen vorzieht.

An dieser Stelle wird es interessant, aber auch kompliziert: Im Wahljahr 2009 war Maas noch eifriger Verfechter einer rot-rot-grünen Koalition. Die einzige Möglichkeit, Ministerpräsident zu werden. Ausgerechnet sein alter Freund Hubert Ulrich von den Grünen machte ihm damals einen fetten Strich durch die Rechnung, und vereinbarte - nach Scheinverhandlungen mit SPD und Linken - die jetzt gescheiterte Jamaika-Koalition. Zweieinhalb Jahre später herrscht nun eine andere Geschäftsgrundlage: Mit Ulrichs Grünen will Maas nichts mehr zu tun haben. Mit Oskar Lafontaines Linken aber auch nicht.

Vor engen Freunden erklärt Maas seine Strategie so: Erstens sei keineswegs sicher, dass die SPD bei Neuwahlen stärkste Partei würde. Zweitens könne er jetzt nicht mit der Linkspartei paktieren, weil Lafontaine selbst gar kein Regierungsbündnis anstrebe: Der wolle nämlich, so Maas, 2013 wieder in den Bundestag (SZ vom 11. Januar: "Gysi will mit Lafontaine in Bundestagswahl"). "Oskar" könne nicht glaubwürdig Wahlkampf im Bund machen und gleichzeitig mit der SPD im Saarland "schmerzhafte Sparmaßnahmen" beschließen. Vor dem SPD-Kreisvorstand Saarbrücken-Land ging Maas gestern noch einen Schritt weiter. Freimütig erzählte er von "Gesprächen mit Lafontaine", bei denen dieser nachdrücklich betont habe, eine "Politik der Schuldenbremse" nicht akzeptieren zu können. Das heiße in der Konsequenz: Auch nach Neuwahlen könne es eigentlich nur eine große Koalition geben.

Der entscheidende Unterschied: Nach einer Neuwahl könnte die SPD vorn liegen und Maas Ministerpräsident werden. Dass er dieser Verlockung nicht nachgibt und der SPD so das Gefühl des Siegers zurück schenkt, wollen viele Genossen nicht verstehen. "Mir fehlt ein bisschen, dass Heiko energisch sagt: Ich will", meint ein Mann aus dem Saarpfalz-Kreis. Ein anderer vermisst "die Entschlossenheit, die Machtfrage zu stellen". Auch ein Kämpe aus Saarlouis hat "ein klares Bauchgefühl für Neuwahlen". So wie viele Genossen: Wenn Redner auf den Kreisversammlungen mit Schmackes in der Stimme predigen, man könne ja durchaus im Interesse des Landes mit der CDU sondieren, aber für eine große Koalition müsse es "sehr, sehr gute Gründe geben", war der Applaus nach Angaben von Teilnehmern am stärksten.

So steht Maas nun vor der Aufgabe seines Lebens, nämlich die SPD mit Überzeugungskraft dahin zu schieben, wo sie nie hin wollte: an die Seite der CDU. Nach der nächsten Landtagswahl, so Maas, würden die Karten neu gemischt. Das stimmt. Fragt sich nur, wer dann die besseren Trümpfe hat.

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