Wie lange noch schwebt Merkel über allem?

Berlin · Beim Parteitag der CDU in der kommenden Woche geht es nicht nur um Inhalte. Zu streiten gibt es ohnehin kaum etwas. Viele werden aber der Vorsitzenden genau zuhören, ob sie Andeutungen über ihre Zukunft macht.

 Angela Merkel ist die Superheldin der CDU: Sie trägt den Erfolg. Foto: Fotolia; Montage: Lorenz

Angela Merkel ist die Superheldin der CDU: Sie trägt den Erfolg. Foto: Fotolia; Montage: Lorenz

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Manche Konflikte wirken wie ein Ventil, das geöffnet wird, um der Union etwas Lebendigkeit einzuflößen. So wie die Auseinandersetzungen um den Zeitpunkt des Abbaus der Kalten Progression oder um die Besetzung des siebenköpfigen Präsidiums der CDU , für das es einen Bewerber mehr als Plätze gibt. Wenn die Union nächste Woche in Köln - der Stadt Konrad Adenauers - zu ihrem 27. Bundesparteitag zusammenkommt, dann liegt den Delegierten jedenfalls ein vergleichsweise dünnes Antragsbuch vor. Das wundert nicht. Die CDU regiert, sie ist mit sich zufrieden, der politische Streit ist beherrschbar. Die wirklich wichtige Frage, die daher über dem Parteitag schweben könnte, ist: Wie lange noch, Angela?

Zum achten Mal wird sich Angela Merkel von ihrer CDU zur Vorsitzenden küren lassen. Seit 2000 führt sie die Union und hat sich zu einer Art Superheldin ihrer Partei entwickelt. Ohne sie scheint nichts mehr zu gehen. Doch wie viel Motivation steckt noch in ihr? Oder leidet sie auch im Parteiamt längst unter "Amtsmüdigkeit und Ideenlosigkeit", wie ihr die Opposition im Bundestag attestiert? Rund 90 Minuten sind für ihre Rede veranschlagt, inklusive Aussprache. Das ist nicht viel. Es ist eher Hausmannskost denn ein Weckruf zu erwarten. Umso intensiver werden alle hinhören, ob Merkel andeuten wird, wie sie ihre eigene, politische Zukunft sieht.

Angela Merkel wird gebraucht. Das sagen die, die bis zur nächsten Bundestagswahl 2017 Landtagswahlkämpfe zu bestehen haben. 2016 zum Beispiel in Rheinland-Pfalz oder in Baden-Württemberg. Die Wahlkämpfer dort wollen von Merkels Glanz und Zuspruch profitieren, sie hat die CDU zurück zu alter Stärke geführt. Da ist sie ein Segen für die Partei. Es gibt aber auch jene, die um den Fluch wissen; die sich Gedanken darüber machen, ob sich die CDU nach 14 Jahren nicht zu sehr abhängig gemacht hat von der 60-Jährigen aus der Uckermark. Ein Kanzlerinnen-Wahlverein mitten in der Mitte, ohne Konturen, dessen Talente man inzwischen an einer Hand abzählen kann. Nur noch vier Ministerpräsidenten stellt die CDU : Stanislaw Tillich in Sachsen und Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt kennt kaum einer, Volker Bouffier in Hessen gilt als politisches Auslaufmodell, über Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem kleinen Saarland wird gerne spekuliert, dass sie Merkel mal beerben könnte. Die Partei ächzt auch unter der Dominanz der Vorsitzenden, zugegeben wird das nur hinter vorgehaltener Hand. "Die Zeit nach ihr", sagt einer, "wird hart werden." Ein ernst zu nehmender Nachfolger ist nicht in Sicht - Ursula von der Leyen jedenfalls ist in der Partei umstritten.

Merkel verteilt ihre Gunst lieber breit, um sich abzusichern. Ob als Kanzlerin oder Parteivorsitzende - amtsmüde ist sie augenscheinlich nicht. Das registrieren auch die Nachdenklichen. Alle paar Monate kolportiert zwar irgendwer, er wisse ganz genau, wann sie freiwillig gehen werde. Dass sie tatsächlich darüber mit jemandem gesprochen hat, außer vielleicht mit ihrem Mann Joachim Sauer, glaubt niemand. Ein erfahrener Minister sagt: Es könne ja sein, dass sie von einem Ausstieg träumt, "aber sie findet keinen Weg raus". Ungewöhnlich ist das für die gelernte Physikerin, die morgens ins Büro kommt und erst guckt, welches Problem zu lösen ist - um es dann an andere zu delegieren. Wer Merkel über die Jahre beobachtet hat, der weiß nur eins: wegputschen lassen wird sich diese Frau nicht.

Sollte Merkel 2017 nicht wieder selbst ins Rennen ums Kanzleramt gehen, müsste sie ihrer Partei Gelegenheit geben, einen neuen Spitzenkandidaten zu finden. 2016 wäre dafür das entscheidende Jahr, zumal da der nächste Wahlparteitag der CDU stattfindet. Aber vielleicht will Merkel, die dann nicht einmal im Rentenalter sein wird, auch einfach weitermachen. Alles ist möglich. Fluch und Segen. Sicher ist nur eins: In Köln werden viele genau auf die Zwischentöne achten.

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Am Rande"Genervt" hat die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer laut "Berliner Zeitung" auf die Frage reagiert, ob sie Ambitionen hege, Angela Merkel zu beerben. "Völligen Blödsinn" nannte sie der Zeitung zufolge Gerüchte, sie plane, auf der politischen Karriere-Leiter nach oben zu klettern. Sie wolle stattdessen Ministerpräsidentin im Saarland bleiben. Bereits im Juni hatte das Magazin "Cicero" Kramp-Karrenbauer als Merkels Nachfolgerin für CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur ins Gespräch gebracht. Auch damals hatte sie dementiert. red

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