Wie in Lafontaines Racheträumen

Berlin. In seinen übelsten Racheträumen mag Oskar Lafontaine sich so etwas vorgestellt haben: Irgendwann brechen die Finanzmärkte an ihrer Gier und wegen mangelnder Kontrolle zusammen, wovor er so oft vergeblich gewarnt hat. Und dann kommt einer dieser Schröderianer auf Knien angerutscht. Gestern um 14.10 Uhr war es so weit

 Peer Steinbrück Foto: dpa

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Berlin. In seinen übelsten Racheträumen mag Oskar Lafontaine sich so etwas vorgestellt haben: Irgendwann brechen die Finanzmärkte an ihrer Gier und wegen mangelnder Kontrolle zusammen, wovor er so oft vergeblich gewarnt hat. Und dann kommt einer dieser Schröderianer auf Knien angerutscht.

Gestern um 14.10 Uhr war es so weit. Da betrat Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) den Sitzungssaal der Linksfraktion im Reichstag, um einzuräumen, dass auch Deutschland jetzt von der Finanzmarktkrise betroffen ist und mit einer Staatsbürgschaft von 26,5 Milliarden Euro zur Rettung der Münchner Hypo Real Estate einspringen muss. Allerdings, Steinbrück musste nicht betteln. Er verfügt im Bundeshaushalt über einen Verfügungsrahmen von 95 Milliarden Euro für Bürgschaften im Inland, über den er frei entscheiden kann. Davon sind erst 52 Milliarden vergeben. Eine Zustimmung des Bundestages wäre, so zeigte das Stimmungsbild gestern, allerdings auch schwierig zu bekommen gewesen. Nacheinander informierte der Minister "wegen der Bedeutung dieses Vorganges" alle Fraktionen, die zu Sondersitzungen zusammengekommen waren. Zwar stützten die Fraktionschefs von Union wie SPD den Plan. Doch bei den Abgeordneten gab es viele kritische Fragen.

In der Unionsfraktion ging es am heftigsten zu. Vor allem CSU-Abgeordnete, frisch gezeichnet vom Wahldesaster, meldeten sich zu Wort. Die mangelnde Kontrolle durch die Finanzaufsicht wurde kritisiert; der Beitrag der Banken zum Hilfspaket mit 8,5 Milliarden Euro als zu gering bezeichnet. Die Kritik gipfelte in der Frage des CSU-Abgeordneten Hans Michelbach, ob man überhaupt noch wisse, was die Bürger dächten, wenn sie sähen, wie die Manager absahnten, während sie jeden Euro umdrehen müssten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Zustandekommen des Rettungspakets beteiligt war, sagte, die Aktion sei "alternativlos", um wieder Vertrauen in den Märkten zu schaffen. Und fügte beschwörend hinzu: "Vertrauen ist die Grundlage für die gesamte Wirtschaft." Aber ob das Paket trägt, weiß niemand.

In der SPD-Fraktion wurden ähnlich kritisch debattiert, wenn auch nicht so massiv wie bei der Union. Vor allem wurde hier verlangt, dass der Staat die Garantie nicht ohne Gegenleistung geben dürfe. Ebenso bei Linken und Grünen. Bei der FDP blieb es am ruhigsten. Steinbrück, der von Saal zu Saal eilte, betonte, dass die Bank im Kern gesund sei, nur momentan illiquide. Das müsse man überbrücken, um einen Flächenbrand zu verhindern. Die Bürgschaft müsse voraussichtlich gar nicht in Anspruch genommen werden.

Auf einen Blick

Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) wird nach seiner milliardenschweren Rettung durch Bundesregierung und Banken radikal umgebaut. Angestrebt seien Verkäufe der Bankentöchter oder deren Vermögenswerte, heißt es in einem Schreiben von Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin. Nach Angaben von Bundesbankpräsident Axel Weber gab es zu der dramatischen Rettungsaktion keine Alternative. Es habe "ein Totalstillstand" des Geldsystems gedroht. dpa

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