Wie ein Mann in Jeans die Welt veränderte

New York. Die Nachricht vom Tod Steve Jobs' lässt kaum jemanden ungerührt. Selbst die jungen Menschen, die seit Wochen gegen die Macht der Banken an der Wall Street demonstrieren, halten inne, als die Meldung vom Ableben des Apple-Gründers eintrifft. Für einen Moment weicht die Empörung über die Gier der Banken dem Gespräch über den Technologie-Guru aus Cupertino

 Steve Wozniak (links) und Steve Jobs zeigen eine Platine des ersten Apple-Computers, ein Foto aus dem Jahr 1978. Foto: Apple/dpa

Steve Wozniak (links) und Steve Jobs zeigen eine Platine des ersten Apple-Computers, ein Foto aus dem Jahr 1978. Foto: Apple/dpa

New York. Die Nachricht vom Tod Steve Jobs' lässt kaum jemanden ungerührt. Selbst die jungen Menschen, die seit Wochen gegen die Macht der Banken an der Wall Street demonstrieren, halten inne, als die Meldung vom Ableben des Apple-Gründers eintrifft. Für einen Moment weicht die Empörung über die Gier der Banken dem Gespräch über den Technologie-Guru aus Cupertino. "Steve hat uns die Werkzeuge gegeben, mit denen wir die Welt verändern können", meint Gary Buchner. Er neidet ihm nicht das Vermögen von mehr als acht Milliarden Dollar, das Jobs über die Jahre ansammelte. "Ein Träumer, der etwas bewegt hat", sagt ein anderer.Viele Amerikaner erhielten die Nachricht vom Tod des 56-jährigen Kult-Unternehmers auf einem der Geräte, die Jobs geschaffen hat. Seine iPhones und iPads verbinden Demonstranten und Polizisten, Republikaner und Demokraten, Junge und Alte. Ein Abstecher an den Vorzeige-Laden des Konzerns an der "Fifth Avenue" in New York zeigt, wie tief die Verbundenheit ist. Kurz vor Mitternacht haben sich dort Dutzende versammelt, um dem Apple-Mitbegründer die letzte Ehre zu erweisen. Auf dem Boden liegen rote Rosen. Daneben flackert eine Kerze. Eine Szene, die sich vor anderen US-Filialen wiederholt. In der U-Bahn sprechen wildfremde Menschen über den Verlust. "Ich kann es nicht glauben", meint eine junge Frau, das iPhone fest in der Hand. "Hoffentlich geht es mit Apple jetzt nicht bergab", bangt ihr Begleiter. US-Präsident Barack Obama verfasst einen kurzen Nachruf, in dem er Jobs als "einen der größten amerikanischen Erneuerer" feiert. Jobs habe die "Informations-Revolution nicht nur möglich, sondern auch intuitiv und unterhaltsam gemacht".

Das Geheimnis von Jobs' Erfolg kann nicht in Manager-Handbüchern studiert werden. Seine Arbeitsweise war so unkonventionell wie die abgewetzten Jeans, die ihn in der Welt der Nadelstreifen-Träger zum Unikat machten. Ignorant gegenüber Trend-Forschern und besessen, ein perfektes Produkt zu schaffen, das auch ästhetisch alle Sinne anspricht.

"Es ist nicht die Aufgabe der Verbraucher zu wissen, was sie wollen", brachte Jobs seine Philosophie vor nicht allzu langer Zeit auf den Punkt, als ein Reporter fragte, welche Marktforschung in das iPad geflossen sei. Jobs' Antwort: keine. Die Wunderflunder entstand im Kopf des Meisters. Wie der erste Computer, den er 1976 mit seinem Hippiefreund Steve Wozniak in der Garage seiner Eltern in Kalifornien bastelte. Der Apple II war nicht der erste Rechner für den Massenmarkt, aber der mit der nachhaltigsten Wirkung. Es folgte der Macintosh-Computer, der 1984 erstmals eine grafische Schnittstelle schuf, die mit einer "Maus" bedient werden kann. Eine Selbstverständlichkeit für Computernutzer heute. Im Lauf der Jahrzehnte überraschte Jobs die staunenden Konsumenten mit weiteren Innovationen (siehe "Auf einen Blick"), die den Alltag von Millionen veränderten, bequemer machten.

Im August dieses Jahres verabschiedete sich der Manager aus der Führung des Konzerns, der zeitweilig das wertvollste Unternehmen der USA war. "Ich habe immer gesagt, wenn der Tag kommt, an dem ich meinen Verpflichtungen und Ansprüchen als CEO bei Apple nicht mehr gerecht werden kann, werde ich Sie das sofort wissen lassen", schrieb er. Jobs litt an Krebs. 2004 wurde ihm ein Tumor an der Bauchspeicheldrüse entfernt, 2009 bekam er eine neue Leber. Jetzt starb er an den Folgen seiner Krebserkrankung. Jobs hinterlässt seine Frau Laurene, drei Töchter und einen Sohn.

Wegen seiner gesundheitlichen Probleme hatte er bereits Anfang 2011 das Tagesgeschäft vorübergehend an Tim Cook übergeben. Der 51-Jährige steht nun vor der schwierigen Aufgabe, dieses Erbe ohne den sicheren Kompass des Apple-Gründers fortzuführen. Jobs war Apple und Apple war Jobs. Experten ziehen einen Vergleich zu der Situation im Disney-Konzern nach dem Tod von dessen Gründer. "Es darf nicht dazu kommen, dass es immer heißt: Was würde Steve dazu sagen", warnt David Yoffie von der Harvard Business School in der "New York Times". Apple müsse sich flexibel an neue Entwicklungen anpassen können. "Für die nächsten zwei bis drei Jahre sehe ich wenig Probleme für Apple", meint er. "Die nächsten Produkte sind schon in der Pipeline." Erst danach wird sich zeigen, wie es ohne Steve Jobs weitergeht.

Auf einen Blick

Steve Jobs hat in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten mit vielen Innovationen die Welt verändert. Ein Rückblick auf die wichtigsten Meilensteine.

Computer mit grafischer Benutzeroberfläche: Der 1983 gestartete Computer Apple Lisa führte die bis heute übliche Bedienung von Programmen mit einem Menü und in einem Fenster ein - zwei Jahre vor Windows. 1984 präsentierte Jobs den Apple Macintosh, der zum ersten kommerziell erfolgreichen Computer mit grafischer Benutzeroberfläche wurde.

Erneuerung des Zeichentrickfilms: Jobs kaufte Anfang der 80er Jahre eine Abteilung für Computergrafik. Daraus entstand das Animationsstudio Pixar. 1995 eröffnete es mit dem ersten langen Computeranimierten Trickfilm "Toy Story" einen neuen Markt. 2006 verkaufte Jobs Pixar an Disney.

iPod-Player und Musik-Downloads: Jobs wurde von vielen belächelt, als er 2001 den Musikplayer iPod vorstellte. Das Gerät wurde schnell zum Marktführer. Mit dem 2003 gestarteten Online-Shop iTunes wurde Apple zum weltgrößten Musikverkäufer.

Die Smartphone-Revolution: Mit dem Satz "Wir haben das Telefon neu erfunden" stellte Jobs 2007 das iPhone vor. Das Smartphone setzte bei Bedienung und Aussehen Maßstäbe für die gesamte Branche.

Das iPad: Seit mehreren erfolglosen Anläufen galten Tablet-Computer als Sackgasse - bis Apple und Jobs mit dem iPad kamen. Das im Frühjahr 2010 gestartete Gerät machte die Tablets auf einen Schlag zum Massengeschäft. dpa

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