Wie die USA nach dem Krieg Nazis halfen

Washington. Es sind Geschichten wie die von Otto von Bolschwing, die nun ans Tageslicht kommen: Er diente sich in den letzten Kriegstagen als ehemaliger Insider des Nazi-Regimes den Alliierten an. Der deutsche Aristokrat beriet die Amerikaner bei ihrem Vormarsch in Österreich

Washington. Es sind Geschichten wie die von Otto von Bolschwing, die nun ans Tageslicht kommen: Er diente sich in den letzten Kriegstagen als ehemaliger Insider des Nazi-Regimes den Alliierten an. Der deutsche Aristokrat beriet die Amerikaner bei ihrem Vormarsch in Österreich. Lobend hebt ein US-Militärbericht aus der Zeit hervor, wie von Bolschwing "persönlich mehr als 20 hochrangige Nazi-Offizielle und SS-Offiziere gefangennahm und Patrouillen anführte, die zur Festnahme vieler weiterer führte". Sein Detailwissen stammte unter anderen aus seiner Tätigkeit im Reichssicherheitshauptamt. Einige Zeit arbeitete er an der Seite Adolf Eichmanns, der die Ermordung von rund sechs Millionen Juden organisierte. 1937 verfasste von Bolschwing einen Bericht mit dem Titel "Das jüdische Problem", in dem er Strategien vorschlug, die Juden in Deutschland zu terrorisieren. Während den Amerikanern diese Details seiner Vergangenheit zunächst nicht klar waren, wussten sie um die Beziehungen des Barons zur Nazi-Elite und seiner Beschäftigung beim Sicherheitsdienst des Regimes. Dies geht aus den Recherchen des Büros für Sonderermittlungen im US-Justizministerium hervor. Die "New York Times" machte die Ergebnisse jetzt erstmals der Öffentlichkeit zugänglich."Zufluchtsort für Verfolger" Der mehr als 600 Seiten starke Bericht wirft Licht auf ein düsteres Kapitel amerikanischer Nachkriegsgeschichte. Washington habe nach 1945 ehemaligen Nazis "tatsächlich wissentlich die Einreise erlaubt", heißt es in dem Bericht, den die US-Regierung seit Jahren unter Verschluss hielt. "Amerika, das sich als Fluchtort der Verfolgten rühmte, machte sich in geringerem Maße auch zu einem Zufluchtsort für Verfolger", heißt es im Fazit. Zum Beispiel für den Eichmann-Vertrauten von Bolschwing. Aus Dankbarkeit für seine Hilfe heuerte die CIA von Bolschwing für die Ost-Aufklärung im Kalten Krieg an. 1954 halfen ihm die amerikanischen Schlapphüte, in die USA zu emigrieren. "Seine Einreise basiert auf unserer Erlaubnis", weist der Geheimdienst die Einwanderungsbehörde an, ihrem Klienten keine Schwierigkeiten zu bereiten. Als von Bolschwings düstere Vergangenheit Ende der 70er Jahre zu Tage kam, wiederrief ein Gericht die Staatsbürgerschaft. Das Land verlassen musste er jedoch nicht. Er starb 1981 in Kalifornien. sp

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