INF-Vertrag von 1987 Als Deutschland ins Zentrum des Kalten Kriegs rückte

Bonn · „Wir können stolz darauf sein, diesen Schößling zu pflanzen, aus dem eines Tages vielleicht ein mächtiger Baum des Friedens wird.“ Das sagte der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow kurz vor der Unterzeichnung eines Schriftstücks, das vor 25 Jahren das Ende des Kalten Krieges einläutete.

Es war der 8. Dezember 1987, als Gorbatschow in Washington mit US-Präsident Ronald Reagan den INF-Vertrag unterzeichneten. Darin verpflichteten sich beide Seiten zur Abschaffung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern. Zugleich untersagt der Vertrag auch die Produktion und Tests solcher Systeme. Weitere Abrüstungsverträge folgten. Von den 70 000 Atomwaffen, die es Mitte der 80er Jahre noch gegeben hat, waren bis Ende 2017 nur noch knapp 15 000 übrig – das Arsenal von China, Frankreich, Indien oder Pakistan nicht eingerechnet.

Bis zur Unterzeichnung des INF-Abrüstungsvertrags standen sich die Großmächte USA und Sowjetunion in einem gefährlichen Wettrüsten nuklearer Waffen gegenüber. Die neue Eiszeit im Kalten Krieg nach einer Phase der Entspannung hatte sich bereits Ende der 1970er Jahre abgezeichnet. Damals fühlte sich der Westen durch die Stationierung neuer sowjetischer SS-20-Mittelstreckenraketen in Osteuropa existenziell bedroht. Der von Kanzler Helmut Schmidt vorangetriebene Nato-Doppelbeschluss zur „Nachrüstung“ mit neuen Atomraketen in Europa bei gleichzeitigem Abrüstungsangebot an Moskau 1979 sollte dieser Angst entgegenwirken. Die Aufstellung der Pershing-II- und Cruise-Missile-Marschflugkörper begann 1983 – unter Kanzler Helmut Kohl (CDU). Schmidts sozialliberale Regierung war 1982 maßgeblich an der Aufrüstungsdebatte zerbrochen.

In West und Ost standen sich in den 80er Jahren die Atomwaffen Amerikas und der Sowjetunion gegenüber. Ein großer Teil der Bundesbürger wollte nicht hinnehmen. Bundesweit beteiligten sich mehrere Hunderttausend Menschen an den Großkundgebungen unter anderem im Bonner Hofgarten gegen die geplanten Raketenstützpunkte. Unter ihnen waren Willy Brandt (SPD) und Grünen-Gründungsmitglied Petra Kelly. Die knapp 6000 Einwohner zählende Stadt Mutlangen wurde zum Symbol dieser Friedensbewegung. Sie sorgte weltweit für Schlagzeilen mit einer Prominentenblockade, auch Schriftsteller Heinrich Böll blockierte das US-Militärdepot auf der Mutlanger Heide. Dort befanden sich noch bis 1990 Pershing-II-Atomrakten der USA.

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