Wie die Union das Verlierer-Thema Atomenergie abräumen will
Andechs. CSU-Chef Horst Seehofer hat einen Traum: das atomstromfreie und energieautarke Ferienhaus. Im Altmühltal steht im Keller seines Urlaubsdomizils seine Modelleisenbahn. Und Seehofer wählt gerne Eisenbahn-Vergleiche. Die CSU dürfe bei der Energiewende nicht "letzter Waggon" sein, warnt er
Andechs. CSU-Chef Horst Seehofer hat einen Traum: das atomstromfreie und energieautarke Ferienhaus. Im Altmühltal steht im Keller seines Urlaubsdomizils seine Modelleisenbahn. Und Seehofer wählt gerne Eisenbahn-Vergleiche. Die CSU dürfe bei der Energiewende nicht "letzter Waggon" sein, warnt er. Deswegen will er nicht nur seine Kellerbahn mit erneuerbaren Energien fahren lassen, sondern den gesamten Berliner Regierungszug.Bei der Vorstandsklausur in Kloster Andechs beschloss die CSU als erste der drei Berliner Koalitionsparteien, dass im Jahr 2022 Schluss sein soll mit dem Atomstrom. Seehofers strategische Kalkül hinter dem frühen Ausstiegsdatum: Die Atompolitik ist für die Union ein Verliererthema. Seehofer will es unbedingt aus den Wahlkämpfen 2013 heraushalten. Das geht nur, wenn die Union ein konsensfähiges Ausstiegsszenario vorlegt.
Doch laufen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die den CSU-Beschluss lobte, und Seehofer Gefahr, dass sie im solargetriebenen Zukunftsexpress den Teilen der Union davonbrausen, die aus Sorge um Strompreise und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft beim Atomausstieg den Bummelzug für das bessere und sicherere Verkehrsmittel halten. Manche CSU-Politiker fürchten nicht nur, dass 2022 zu ehrgeizig ist, sondern auch eine Verschandelung der Landschaft durch einen Wildwuchs von Solarfeldern und Windrädern.
Seehofer und auch Merkel sind fest überzeugt, dass die Union sich nicht in den alten Schützengräben verschanzen darf. Sie beobachteten mit Sorge, wie in Baden-Württemberg die Wähler der Mittelschicht scharenweise von der CDU zu den Grünen überliefen. Doch das überzeugt die Skeptiker nicht: Der Chef der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, beziffert die Kosten des Umstiegs auf 200 bis 300 Milliarden Euro. Woher das Geld kommen soll, sei ungeklärt. dpa