Wie die Debatte um die Frauenquote an der Ministerin vorbeiläuft

Berlin · Berlin. Kristina Schröder zählt nicht unbedingt zu den Aushängeschildern des schwarz-gelben Bundeskabinetts. Vielleicht waren die Schuhe ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (beide CDU) doch etwas zu groß. Beim Reizthema Frauenquote droht die amtierende Familienministerin jetzt vollends zu scheitern

 Im Abseits: Ministerin Kristina Schröder steht allein da. Foto: DPA

Im Abseits: Ministerin Kristina Schröder steht allein da. Foto: DPA

Berlin. Kristina Schröder zählt nicht unbedingt zu den Aushängeschildern des schwarz-gelben Bundeskabinetts. Vielleicht waren die Schuhe ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (beide CDU) doch etwas zu groß. Beim Reizthema Frauenquote droht die amtierende Familienministerin jetzt vollends zu scheitern. Die EU will europaweite Vorschriften für eine Frauenquote, der Koalitionspartner FDP hingegen will alles so lassen wie gehabt. Schröder steht genau zwischen diesen Positionen - und deshalb am Ende womöglich mit leeren Händen da.Mehr als zehn Jahre ist es jetzt her, dass die großen deutschen Unternehmen öffentlich gelobten, den geringen Frauenanteil in ihren Führungsetagen deutlich zu erhöhen. Doch getan hat sich wenig. In den Aufsichtsräten der Firmen ist heute gerade einmal jedes zehnte Mitglied weiblich. Die Frauenquote in den Vorständen liegt gar nur bei drei Prozent. Und weil dieses Problem auch in anderen europäischen Ländern besteht, macht sich die EU-Kommissarin für Justiz, Viviane Reding, schon seit längerer Zeit für einen prozentualen Mindestanteil per Gesetz stark, um die Männerdominanz in den Führungsetagen zu kippen. Zuletzt erst wieder an diesem Montag auf einer Pressekonferenz in Brüssel.

Das hat die Diskussion auch hier zu Lande neu entfacht. Von der Vorsitzenden der Frauen-Union, Rita Pawelski (CDU), bekam Reding dafür sofort Applaus. Die Selbstverpflichtung der Unternehmen sei "nichts als ein Stück Papier" geblieben. Wenn sich nichts tue, "schreibt uns Brüssel vor, wie es gehen soll", sagte Pawelski. Familienministerin Schröder dagegen drückte prompt auf die Bremse. "Es gehört nicht zu den Aufgaben der EU, den einzelnen Nationalstaaten die Einführung einer Frauenquote vorzuschreiben", sagte sie in einem Interview. "Deutschland wird hier eine Lösung finden und braucht keine bürokratischen Vorschriften und Belehrungen aus Brüssel."

Wie die deutsche Lösung aussehen könnte, ist allerdings unklar. Zwar kam man nach rechtlicher Prüfung regierungsintern zu dem Schluss, dass eine nationale Gesetzgebung an dieser Stelle Vorrang hat. Doch die wird durch die FDP blockiert. Selbst Schröders halbherzige Kompromiss-Idee einer sogenannten Flexi-Quote, mit der jede Firma ihren Frauenanteil selbst festlegen kann, ist den Liberalen zu dirigistisch. Seit Ende 2011 schlummert ein entsprechender Arbeitsentwurf in Schröders Ministerium. Aber weder in vertraulicher Runde mit FDP-Chef Philipp Rösler noch bei einem Treffen mit dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle konnten Schröders Getreue den kleinen Koalitionspartner davon überzeugen. Ein Bittschreiben an die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bracht-Bendt, verfehlte ebenfalls seine Wirkung. In dem Brief, der unserer Zeitung vorliegt, schlagen Schröder und Pawelski ein gemeinsames "gesetzgeberisches Signal" bis zur Sommerpause vor. Ansonsten, so der Tenor, könnten Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen von Frauen auf Führungspositionen nicht mehr bis zur nächsten Bundestagswahl greifen. Die Antwort von Bracht-Bendt: Viele Unternehmen würden "auch ohne gesetzliche Vorgaben zunehmend Frauen in ihre Aufsichtsräte und Vorstände berufen". Daher halte man "das von Ihnen angeregte gesetzgeberische Signal in dieser Legislaturperiode nicht für erforderlich".

 Im Abseits: Ministerin Kristina Schröder steht allein da. Foto: DPA

Im Abseits: Ministerin Kristina Schröder steht allein da. Foto: DPA

Schröder hofft nun auf Abhilfe von anderer Stelle. "Der öffentliche Druck wird Wirkung zeigen", glaubt die Ministerin. Ihre "Flexi-Quote" kann damit aber nicht gemeint sein. Schon seit geraumer Zeit machen sich zahlreiche weibliche Bundestagsabgeordnete quer durch alle Parteien für die Einführung eines festen Frauenanteils von 30 Prozent in Aufsichtsräten spätestens ab 2018 stark. Zu den Erstunterzeichnern des entsprechenden Aufrufs gehörte Arbeitsministerin von der Leyen, die Schröder damit gewissermaßen ins Handwerk pfuscht.

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