Wie Breivik an seinem Image feilt
Oslo. Viele Norweger nennen ihn nicht beim Namen. Der mutmaßliche Massenmörder Anders Behring Breivik soll nicht noch berühmter werden, sagen sie. "Ich glaube, Breivik wünscht sich, dass wir einen Mythos aus ihm machen", schreibt Inger-Marie Schjønberg, die das grausame Attentat im vergangenen Sommer überlebt hat
Oslo. Viele Norweger nennen ihn nicht beim Namen. Der mutmaßliche Massenmörder Anders Behring Breivik soll nicht noch berühmter werden, sagen sie. "Ich glaube, Breivik wünscht sich, dass wir einen Mythos aus ihm machen", schreibt Inger-Marie Schjønberg, die das grausame Attentat im vergangenen Sommer überlebt hat.Fast schüchtern lächelt der mutmaßliche Terrorist, als er bei einem Haftprüfungstermin erstmals nach seinem Massaker wieder in die Öffentlichkeit tritt. Er zeigt einen Nazi-Gruß, lächelt weiter. Breivik achtet auf sein Image: Tage vor den Attentaten hinterließ er eine sorgfältig inszenierte Visitenkarte im Internet - mit Facebook-Account und Zitat beim Kurznachrichtendienst Twitter. Breivik will als konservativer Christ gesehen werden, als Liebhaber klassischer Musik und Kants "Kritik der reinen Vernunft". Doch auch als Tempelritter, der Europa vor Islam und "Kulturmarxismus" rettet.
Der 22. Juli sei trotz aller Vorbereitung der schlimmste Tag in seinem Leben gewesen, schreibt Breivik selbst. "Die Operation war sowohl körperlich wie emotional schwierig." Der Massenmord war für ihn Mittel zum Zweck, das Ziel vor allem Aufmerksamkeit. Komplett ins Leere läuft Breiviks Hass scheinbar nicht: Anhänger schrieben ihm Briefe ins Gefängnis, sagt Verteidigerin Vibeke Hein Bæra im Norwegischen Rundfunk. Selbsthilfegruppen erhalten anonyme Drohbriefe, die ihnen vorwerfen, die norwegische Gesellschaft zu zerstören. Menschen bezeichnen Breivik im Internet als "Bruder".
Der am 16. April beginnende Prozess könnte noch mehr Aufmerksamkeit auf Breiviks rassistische Gedanken lenken, fürchten viele Norweger. Inger-Marie Schjønberg hat entschieden, den mutmaßlichen Massenmörder künftig doch beim Namen zu nennen: "Damit machen wir ihn zu einem Menschen, den man für seine Taten bestrafen kann", schreibt sie in ihrem Blog. "Wir reißen ihn von seinem mystischen Sockel und machen ihn genau zu dem kleinen und jetzt so gefangenen Menschen, der er ist." dpa