Widerstand gegen Spionage wächst in den USA

Washington · US-Präsident Obama schweigt zu den neuesten Spionage-Vorwürfen gegen die NSA und auch ihn selbst beharrlich. Nicht so seine Kritiker. Im eigenen Land formiert sich Widerstand – und er verschafft sich lautstark Gehör.

"Stop Spying" hatte sich eine Demonstrantin auf ihre übergroße Sonnenbrille gemalt. Andere trugen ein großes Banner mit den Worten: Stoppt die Massen-Überwachung, verteidigt die Verfassungsrechte. Rund 5000 Menschen protestierten am Samstag in Washington gegen die Spähaktionen der Geheimdienstbehörde NSA. Erste Demonstrationen hatte es bereits im Sommer gegeben, doch dies war die bisher größte Kundgebung, bei der auch Plakate mit dem Antlitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sehen waren. Manche drückten mit ihren Postern auch den Dank für den früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden aus, dessen Enthüllungen erst das wahre Ausmaß der Überwachung klargemacht haben.

Snowden hatte am Donnerstag von Moskau aus in einer Internetbotschaft die Bürger in den USA davor gewarnt, den Umfang der NSA-Spitzelaktivitäten zu unterschätzen. "Unsere Kongressvertreter sagen uns, das ist keine Überwachung. Sie irren sich", so der von den USA Gesuchte.

Die Veranstalter der Demonstration - die Gruppe "Stop Watching Us" und mehr als 100 Organisationen wie die "American Civil Liberties Union" - fordern seit den Snowden-Enthüllungen vom Weißen Haus und den Volksvertretern eine Reform der Gesetze, die die Rahmenbedingungen für die Geheimdienst-Arbeit darstellen. US-Präsident Barack Obama und zahlreiche Kongressmitglieder haben aber bisher die NSA-Programme mit dem Hinweis verteidigt, diese seien für die Sicherheit der Nation unerläßlich und hätten in der Vergangenheit Terroranschläge verhindert. Die Überwachung werde zudem sorgfältig von Gerichten überprüft.

Diese Argumente zählen jedoch nicht bei jenen, die sich am immer stärkeren Widerstand gegen die NSA beteiligen. "Wir brauchen eine Massen-Bewegung, um diese schmutzigen Geheimdienst-Kriege zu beenden", sagt Debbie Sweet von der Bürgerrechts-Organisation "The world can't wait" ("Die Welt kann nicht warten").

Wer am Wochenende auf eine Reaktion des Weißen Hauses zu immer neuen Enthüllungen der Medien wartete, sah jedoch keine offizielle Stellungnahme. Obama betrachtet die Affäre offenbar nach seinem Entschuldigungs-Telfonat mit der Bundeskanzlerin in der vergangenen Woche, in dem er sein Nichtwissen der Abhöraktionen beteuert haben soll, als erledigt. Sein Pressesprecher Jay Carney hatte am Freitag noch einmal die zuvor immer wieder benutzte Standardformel wiederholt: Der US-Präsident habe die Weisung erteilt, die NSA-Programme zu prüfen, um eine Ausgewogenheit zwischen dem Schutz von Bürgerrechten und den Interessen des Staates zu garantieren. Doch mit Standardflokseln und Aussitzen gibt sich offenbar eine wachsende Zahl der Amerikaner nicht mehr zufrieden.

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