„Wichtigste Aufgabe: Wachstum schaffen“

Manfred Weber gehört zu den Schlüsselfiguren in der europäischen Politik. Er ist der neue Chef der christdemokratischen Mehrheitsfraktion im EU-Parlament. SZ-Korrespondent Detlef Drewes sprach mit Weber über die morgige Wahl Jean-Claude Junckers zum Kommissionspräsidenten und die anstehenden Aufgaben.

Warum wählen Sie ausgerechnet Juncker, der doch eher für die EU der letzten Jahrzehnte steht?

Weber: Es sind gerade seine Erfahrungen, die für ihn sprechen. Denn aufgrund dieser Erfahrungen weiß er genau, welche Herausforderungen warten. Juncker steht für eine Reformagenda, die er im Wahlkampf und vor allen Fraktionen des Europäischen Parlamentes erläutert und dabei überzeugt hat. Er weiß, was getan werden muss. Deshalb ist er der richtige Mann.

Was wird Juncker gegenüber der EU von heute ändern müssen?

Weber: Die Kommission muss lernen, dass sie nicht jedes Thema anpacken muss. Es geht also um den Respekt vor den Mitgliedstaaten. Die wichtigste Aufgabe heißt: Wachstum schaffen. Wir müssen Millionen Menschen wieder in Arbeit bringen und die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen. Dafür sind stabile Haushalte notwendig, und zum anderen neue Wachstumsimpulse, etwa indem man den Binnenmarkt vollendet.

Die EU hat sechs Milliarden Euro für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit bereitgestellt. Das Geld liegt mehr oder weniger ungenutzt rum. Warum geht da nichts vorwärts?

Weber: Manche Mitgliedstaaten sind bisher nicht in der Lage, die Mittel abzurufen. Das zeigt: Es geht gar nicht nur ums Geld, sondern vor allem um Strukturreformen. Damit ist vor allem die Arbeitsverwaltung gemeint, die fit gemacht werden muss, um wirkungsvoll sein zu können.

Ist die EU zu kompliziert und ineffektiv?

Weber: Richtig ist, dass Europa seine Bürokratie in den Griff bekommen muss. Unsere Fraktion fordert deshalb einen eigenen Normenkontrollrat, der zukünftig jedes einzelne europäische Gesetz unter die Lupe nimmt und prüft, ob die Bürokratie damit verstärkt wird, was unterm Strich heißt, nicht effizient genug zu sein. Klar ist aber auch, dass die Masse der Gesetze, die den Arbeitsmarkt betreffen, nicht aus Brüssel, sondern von den Mitgliedstaaten selbst kommt. Wer also etwas erreichen will, muss dort ansetzen. Länder, die das gemacht haben (wie Deutschland), stehen heute besser da. Staaten, wo dies nicht geschehen ist (wie Frankreich), ringen dagegen mit dem wirtschaftlichen Niedergang.

Ukraine , Nahost - es brennt wieder rund um Europa. Was muss die EU auf der Weltbühne leisten?

Weber: Die Leitschnur der europäischen Außenpolitik sind unsere Werte. Die Menschen in der Ukraine haben bei ihrer Präsidenten-Wahl gesagt: Wir wollen in einem freien, demokratischen Land leben, das sich nach Europa orientiert. In einem solchen Fall muss die EU an der Seite dieser Völker stehen. Um dabei etwas zu erreichen, ist es notwendig, noch stärker als bisher einig zu sein und mit einer Stimme zu sprechen. Sonst werden wir nicht das Gewicht haben, das wir haben könnten.

Lesen sie das ganze Interview unter www.saarbruecker-zeitung.de/bruessel

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