Wichtiger Wegweiser oder Auslaufmodell?

Berlin · Bei der Deutschen Islamkonferenz geht es seit zehn Jahren des Öfteren ganz schön zur Sache. Kritiker stören sich bis heute etwa daran, dass heikle Themen umschifft werden. Trotzdem gibt es heute einen Festakt in Berlin.

Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) ist keine gemütliche Runde, in der die immer gleichen Verbandsvertreter und Politiker in schöner Regelmäßigkeit Nettigkeiten austauschen. Im Gegenteil. Die Arbeit dieses Forums, das Wolfgang Schäuble (CDU ) als Bundesinnenminister vor zehn Jahren ins Leben gerufen hat, gleicht eher einer Achterbahnfahrt.

Der Vizepräsident des Deutschen Städtetags, Ulrich Maly (SPD ), gehörte der Konferenz mehr als drei Jahre lang an. Der Oberbürgermeister von Nürnberg erinnert sich an "hitzige Phasen" und an langwierige Diskussionen über Begriffe, darüber, was "Islamismus" und "islamischer Radikalismus" eigentlich bedeuten.

Dass die radikalen und aggressiven Ausprägungen ihrer Religion in der Islamkonferenz oft im Mittelpunkt stehen, störte einige Muslime , die der DIK angehören. Doch das ist manchmal auch schlicht der Aktualität geschuldet. Im Januar 2015, als die DIK-Mitglieder planmäßig zusammenkamen, sollte es eigentlich um Wohlfahrtspflege für Muslime gehen. Doch alle standen damals unter dem Eindruck einer islamistischen Terrorserie in Paris.

"Ich verstehe nicht, warum die Verbände nicht über Radikalisierung reden wollen, denn das ist heute ein großes Thema, gerade unter Jugendlichen", sagt Ahmed Mansour. Der Programmdirektor der European Foundation for Democracy ist Islamismus-Experte. In den Jahren, als er der DIK angehörte, wollte er eine Debatte über Antisemitismus unter deutschen Muslimen anstoßen, stieß damit aber nicht bei allen Teilnehmern auf Gegenliebe.

Heute sind Einzelpersonen wie Mansour nicht mehr in der DIK. "Nachdem man zu Beginn viele sogenannte Islamkritiker eingeladen hatte, die oft nur schlecht getarnte Islamfeinde waren, wird dieses Gremium heute vor allen von den konservativen Islam-Verbänden dominiert", kritisiert Lamya Kaddor, islamische Religionspädagogin und Vorstandsmitglied im Liberal-Islamischen Bund.

Ayman Mazyek steht einem der von Kaddor genannten Verbände vor. Er ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) und sieht die Konferenz auf einem guten Weg. Er hofft, dass die muslimischen Religionsgemeinschaften den christlichen Kirchen hierzulande eines Tages gleichgestellt sein werden und dass die Islamkonferenz dazu beitragen wird, den Weg dahin zu ebnen. Die Alevitische Gemeinde in Deutschland erwägt derweil den Rückzug aus der DIK, weil ihr der Einfluss der sunnitischen Verbände zu groß ist. Der größte ist die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), deren Vertreter zum zehnjährigen Bestehen der Islamkonferenz heute die Festrede halten soll. Kritiker halten das auch angesichts der Lage in der Türkei für "irritierend" und wollen der Feier fernbleiben.

Unter Innenminister Thomas de Maizière (CDU ) ist die Konferenz weg von den großen Themen "Radikalisierung" und "Islamophobie". Stattdessen stehen praktische Themen wie die Seelsorge für Muslime bei der Bundeswehr an. Erfolge habe die Islamkonferenz laut Ministerium bei der Einführung des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen erzielt. Außerdem habe sie dazu beigetragen, die Islamische Theologie an Universitäten zu etablieren. Ihre heutige Bedeutung zweifeln Kritiker indes an. Und Mazyek findet, die Zeit sei reif, dass muslimischen Verbände selbst eine "nationale Islamkonferenz" auf die Beine stellen. Die DIK könne "auch hier wieder wichtiger Impulsgeber und Wegbereiter sein".

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