Wettlauf um die Schätze unter dem "ewigen Eis"

New York. Den Männern an Bord der "Healy" stehen harte Tage bevor. Einen guten Monat müssen sich die 25 Forscher und 100 Besatzungsmitglieder des US-Eisbrechers im Arktischen Ozean gegen klirrende Kälte, dichtes Packeis und voraussichtlich auch Polarstürme behaupten. Die gleichen Herausforderungen erwarten ihre kanadischen Kollegen an Bord der "Louis S. St-Laurent"

New York. Den Männern an Bord der "Healy" stehen harte Tage bevor. Einen guten Monat müssen sich die 25 Forscher und 100 Besatzungsmitglieder des US-Eisbrechers im Arktischen Ozean gegen klirrende Kälte, dichtes Packeis und voraussichtlich auch Polarstürme behaupten. Die gleichen Herausforderungen erwarten ihre kanadischen Kollegen an Bord der "Louis S. St-Laurent". Beide Forscherteams vermessen im Auftrag der Regierungen den Meeresboden im so genannten Kanada-Becken. Ihr Ziel rechtfertigt die harten Bedingungen der erneuten Polarexpedition. Mit den Messdaten wollen die USA und Kanada im zusehends schärfer werdenden Wettlauf um die Bodenschätze der Arktis ihren Anspruch auf Öl- und Gasvorkommen zementieren. Russland hatte bereits Ende Juli einen Eisbrecher und ein Forschungsschiff zur Abgrenzung seiner Kontinentalplatte auf den Weg geschickt.

Fossilienfunde geben zu erkennen, dass ein subtropisches Klima in der Arktis vor etwa 40 Millionen Jahren für eine reiche Fauna sorgte. Dann kühlte sich die Erde ab und bildete Eiskappen an den Polen. Jetzt schmilzt das Eis wieder, und zwar in einem rasanten Tempo. Allein 2007 verlor das Gebiet rund um den Nordpol mehr als eine Million Quadratkilometer Eis. Im Herbst 2008 lag die Temperatur satte fünf Grad über dem Normalwert. Wenn der Trend anhält, dürfte das Gebiet nach Einschätzung der US-Wetter- und Ozeanbehörde NOAA schon 2030 eisfrei sein.

Greenpeace fordert Klarheit

Damit wäre der Zugang zu den letzten unangetasteten Rohstoffreserven der Erde möglich. Bis zu 30 Prozent der bisher unentdeckten Gasvorkommen weltweit und mehr als ein Zehntel der unentdeckten Ölvorkommen könnten von der schmelzenden Eisdecke freigegeben werden. Fünf Anrainerstaaten, die USA und Kanada, Russland, das von Dänemark vertretene Grönland und Norwegen, haben die besten Chancen, durch ihre Lage zu Nutznießern der Bodenschätze zu werden. Hintergrund ist das Internationale Seerechtsübereinkommen UNCLOS von 1982. Demnach hat jedes Küstenland Anspruch auf das Gebiet, das sich bis zu 200 Seemeilen (370 Kilometer) vor seiner Kontinentalplatte ausdehnt. Die Konvention räumt zudem Staaten das Recht ein, bei den Vereinten Nationen Hoheitsrechte über ihre 200 Seemeilen hinaus zu beantragen. Alle Anrainer außer den USA haben dies bereits getan.

Greenpeace fordert ein rechtsverbindliches Abkommen für die Arktis. Für ein Vertragswerk, das die Nutzung der Ressourcen regeln würde, ist offiziell der Arktische Rat zuständig. Ihm gehören außer den fünf Polarstaaten auch Island, Schweden, Finnland und einige Nichtregierungsorganisationen an. Weitere Länder, darunter auch Deutschland, dürfen als ständige Beobachter an den Verhandlungen des Arktischen Rates teilnehmen. Die EU sucht Anschluss, und selbst China zeigt Interesse an der Arktis. Allerdings gilt das Gremium als politisch schwach. Mehr Gewicht wird den Treffen beigemessen, zu denen die fünf Anrainer regelmäßig unter Ausschluss aller anderen Länder und sogar der betroffenen Arktis-Einwohner zusammenkommen. Die jüngsten Expeditionen sind ein deutliches Signal dafür, dass der Fünferclub das Rennen um die Ressourcen unter dem "ewigen Eis" am liebsten allein unter sich austragen würde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort