Westerwelles Reise ins traurigste Land der Welt

Port-au-Prince/Tuxtla. Das ganz große Elend kommt für Guido Westerwelle erst zum Schluss, als er schon eine Woche Amerika hinter sich hat: Haiti, das Armenhaus des Kontinents, wohin derzeit nur wenige ausländische Politiker kommen. Ein Land, das von so vielen Übeln geplagt wird, wie sie auch funktionierende Staatswesen nur schwer bewältigen könnten. Haiti ist das nicht

Port-au-Prince/Tuxtla. Das ganz große Elend kommt für Guido Westerwelle erst zum Schluss, als er schon eine Woche Amerika hinter sich hat: Haiti, das Armenhaus des Kontinents, wohin derzeit nur wenige ausländische Politiker kommen. Ein Land, das von so vielen Übeln geplagt wird, wie sie auch funktionierende Staatswesen nur schwer bewältigen könnten. Haiti ist das nicht.Anderthalb Jahre sind vergangen, seit ein gewaltiges Erdbeben der Stärke 7,3 den Karibikstaat erschütterte. Mehr als 220 000 Menschen kamen ums Leben. Die Bundesregierung hat zur Bewältigung der Katastrophe bislang 17 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, daneben gab es private Spenden in zweistelliger Millionenhöhe. Doch im Oktober kam auch noch die Cholera nach Haiti, die bis heute nochmals mehr als 5600 Menschenleben forderte. Bisher gelang es nicht, die Seuche in den Griff zu bekommen. Jeden Tag kommen mehr als 800 Neuinfektionen hinzu.

Es ist ein Sterben im Stillen. Die Welt interessiert sich längst für andere Katastrophen. Aber in der Hauptstadt Port-au-Prince ist das Leid gleich auf den ersten Blick zu erkennen. Überall sind UN-Soldaten damit beschäftigt, Anarchie und Kriminalität zu bekämpfen. Man riecht es auch: Es türmt sich der Müll, nicht nur in Armenvierteln wie Cité Soleil oder Bel Air. Für den deutschen Außenminister ist die letzte Station ein ziemlicher Kontrast. Eben noch durfte Westerwelle in New York zum ersten Mal den UN-Sicherheitsrat leiten, dann war er in Kolumbien. In Mexiko sah er zu, wie der erste neue VW Beetle - der Nachnachfolger des legendären "Käfers" - vom Band lief. Mit der mexikanischen Kollegin Patricia Espinosa ging er am Samstag sogar für vier Stunden auf Bootsfahrt, im Bundesstaat Chiapas, zwischen den Steilwänden des Cañon del Sumidero. Ein Programm, das er sich als FDP-Chef und Vizekanzler wohl nie geleistet hätte. Das Interesse daran, was Westerwelle im Ausland so macht, ist aber auch deutlich geringer geworden. Auf der Amerika-Reise war von zuhause gerade mal ein Kamera-Team dabei.

Und dann Haiti, wo überhaupt noch nie ein deutscher Außenminister zu Besuch war. Die eigenen Sorgen wirken hier ziemlich klein. "Wenn man in der Welt unterwegs ist, dann weiß man erst, wie gut es uns in Deutschland geht", sagt Westerwelle dazu. Mehr Bemerkungen zum eigenen Stimmungsbild gibt es nicht.

In dem Karibikstaat sind Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Johanniter-Unfallhilfe seit dem Beben im Januar 2010 sehr aktiv. Große Fortschritte sehen sie allerdings nicht. "Der Wiederaufbau kommt nur schleppend voran", meint Johanniter-Projektleiterin Claudia Zehl. Immer noch sind mehr als eine Million Haitianer obdachlos. Das hat auch seinen Grund darin, dass das Land nach wie vor politisch gelähmt ist. Der neue Präsident Michel Martelly - ein ehemaliger Unterhaltungskünstler, seit zwei Monaten im Amt - kommt bei der Regierungsbildung überhaupt nicht voran. Trotzdem versprach Westerwelle weitere deutsche Hilfe: "Wir werden Haiti nicht vergessen. Aber wir wissen auch, dass ein Land immer auch selbst die eigenen Aufgaben erledigen muss."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort