Westerwelle und die Post aus der Steueroase

Berlin. Erst kam der Bundestagsverwaltung die Sache merkwürdig vor. Eigentlich ist Parteien die Annahme von so hohen Geldbeträgen verboten, sofern dahinter kein Deutscher oder ein anderer EU-Bürger steckt. Bei dem Geldeingang aus der Schweiz war dies auf Anhieb nicht klar

 Guido Westerwelle und Bruder Kai sind mit Schweizer Firmen geschäftlich verbunden. Foto: Seeger

Guido Westerwelle und Bruder Kai sind mit Schweizer Firmen geschäftlich verbunden. Foto: Seeger

Berlin. Erst kam der Bundestagsverwaltung die Sache merkwürdig vor. Eigentlich ist Parteien die Annahme von so hohen Geldbeträgen verboten, sofern dahinter kein Deutscher oder ein anderer EU-Bürger steckt. Bei dem Geldeingang aus der Schweiz war dies auf Anhieb nicht klar. Doch als die FDP als Begünstigte versicherte, der Spender sei sehr wohl ein Bundesbürger, wurde die Zuwendung akzeptiert. Über 75 000 Euro aus der Steueroase Schweiz konnten sich die FDP und ihr Chef Guido Westerwelle freuen. Als Adresse des Absenders firmierte eine Villa in der Dufourstraße 121 in St. Gallen. Rund 50 unbekannte Aktiengesellschaften oder Holdings mit Namen wie Alpha, Omega oder Jupiter logieren in dem überschaubar großen Haus. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin rät möglichen Anlegern bei solchen Anschriften in der Schweiz eher zur Vorsicht. Ein Warnsignal könne sein: "Die Gesellschaft hat ihren Sitz unter der gleichen Adresse wie eine Vielzahl weiterer Gesellschaften", heißt es in einem BaFin-Hinweis. Auch einige Weggefährten von Westerwelle sind zumindest formal mit dem Spender-Domizil in der Dufourstraße 121 geschäftlich verbunden. Sein Bruder Kai ist laut Handelsregister Verwaltungsrats-Präsident der dort ansässigen Taishan Invest AG. Jörg Arntz, persönlicher Assistent des FDP-Chefs bis 2007, ist Vizepräsident der dort gemeldeten Mountain Super Angel AG. Persönlicher Absender der FDP-Spende aus St. Gallen im Jahr 2008 war Cornelius Boersch, der Westerwelle nach eigenen Angaben seit Jahren als Wirtschaftsberater zur Seite steht. Der Geschäftsmann mit einer bewegten Vergangenheit ist Gründer und Managing Partner der Mountains Partner AG. Westerwelle selbst sitzt im Beirat einer auch im schweizerischen Zug gemeldeten Beratungsfirma, an der Boerschs Mountain-Gruppe Anteile hat. Der FDP-Chef nahm, wie das Bundestags-Handbuch zu den Nebeneinkünften ausweist, in der Vergangenheit wiederholt Einladungen gegen stattliches Honorar zu Vorträgen vor der Schweizer Finanzwelt an. Ohnehin können sich die Liberalen über die Aufmerksamkeit dieser Klientel nicht beklagen. Beträge zwischen 54 000 und 250 000 Euro aus der deutschen Finanzbranche flossen seit der Bundestagswahl 2005 in die FDP-Kasse. Insgesamt knapp elf Millionen Euro an Großspenden jeweils über 50 000 Euro konnten seitdem allein die im Bundestag sitzenden Parteien verbuchen. Nur die Linkspartei bekam nichts. Mit zusammen 6,6 Millionen Euro lagen CDU und CSU klar in Front. Zu den namhaftesten Gebern für die CDU zählte die Quandt-Familie um die Milliardärin Susanne Klatten, die seit 2005 direkt oder über ihre Unternehmensbeteiligungen insgesamt über 800 000 Euro in die CDU-Kasse lenkte. An die CSU wurden kurz vor der bayerischen Landtagswahl an einem Tag von zwei weithin unbekannten Firmen 820 000 Euro überwiesen. Hinter beiden steckte laut Presseberichten die Münchner Milliardärs-Familie von Finck. Im Vergleich dazu bescheiden musste sich die SPD. Nur von der Ruhrkohle AG und ihrer Nachfolgefirma Evonik, die Gerhard Schröders zeitweiliger Wirtschaftsminister Werner Müller bis vor kurzem leitete, wurden die Genossen in punkto Spenden deutlich bevorzugt: Insgesamt 300 000 Euro landeten in der SPD-Kasse. Andere Großkonzerne wollten es sich mit keiner Seite verderben und verteilten ihre Zuwendungen nicht selten recht gleichmäßig auf Union, FDP und SPD. Die Deutsche Bank streute 1,3 Millionen Euro, die Commerzbank 435 000 und Daimler 600 000 Euro. Als einzige Firma bedachte die Allianz AG auch die Grünen (180 000 Euro). So gut wie unbekannt ist der größte Parteispender. Knapp 2,9 Millionen Euro ließ sich Michael May aus dem rheinischen Moers den Aufbau des "echten Sozialismus" kosten. Der ehemalige Bergbau-Ingenieur bedachte mit den Millionen die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), die bei der Bundestagswahl 2005 gerade 0,1 Prozent der Zweitstimmen geholt hatte. Zu den namhaftesten CDU-Spendern zählte die Quandt-Familie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort