Werden die Karten bei Frankreichs Präsidentenwahl neu gemischt?

Paris. Plötzlich schien die Traumhochzeit in Monaco vergessen. Frankreich kannte am Freitag nur ein Thema: die überraschende Wende im Fall DominiqueStrauss-Kahn. "Das ist ein Donnerschlag, was da passiert. Allerdings diesmal nicht mit derselben Richtung", urteilte der frühere sozialistische Premierminister Lionel Jospin

Paris. Plötzlich schien die Traumhochzeit in Monaco vergessen. Frankreich kannte am Freitag nur ein Thema: die überraschende Wende im Fall DominiqueStrauss-Kahn. "Das ist ein Donnerschlag, was da passiert. Allerdings diesmal nicht mit derselben Richtung", urteilte der frühere sozialistische Premierminister Lionel Jospin. Viele Medien, darunter die größten Fernsehsender des Landes, änderten ihr Programm, um nachmittags live von der Anhörung des 62-Jährigen vor einem New Yorker Gericht zu berichten. Juristen und Politik-Experten spekulierten am Freitag über die möglichen Auswirkungen seiner Freilassung auf die Präsidentschaftswahlen im nächsten Frühjahr.

Durcheinandergewirbelt

Fest steht bisher nur, dass nun alles noch noch einmal kräftig durcheinandergewirbelt wird - in allen politischen Lagern. Anhänger des früheren Wirtschaftsministers schöpfen bereits Hoffnung, dass Strauss-Kahn doch noch als Kandidat der Sozialisten ins Rennen gegen Staatspräsident Nicolas Sarkozy gehen kann. Sollte er von den Vorwürfen der versuchten Vergewaltigung reingewaschen werden, müsste die sozialistische Partei ihren Vorwahlprozess unterbrechen, forderte die sozialistische Politikerin Michèle Sabban. Denn eigentlich müssen alle Kandidaten, die für die Oppositionspartei in die Wahlziehen wollen, bis zum 13. Juli ihre Bewerbung einreichen, bevor diese im Oktober dieses Jahres ihren Präsidentschaftskandidaten kürt.

Sozialist Jean-Marie Le Guen ist überzeugt, dass der Ex-Chef des internationalen Währungsfonds (IWF) doch noch teilnehmen wird. Andere Parteigenossen Strauss-Kahns zeigten sich zurückhaltender. Eine Verschiebung der parteiinternen Vorwahlen sei derzeit nicht auf der Tagesordnung, erklärte Sozialistensprecher Benoît Hamon. Parteichefin Martine Aubry wollte die Konsequenzen der Freilassungzunächst nicht kommentieren. Sie freue sich für ihren Freund und hoffe, dass die amerikanische Justiz so schnell wie möglich dieWahrheit ans Licht bringe, sagte sie. Aubry hatte ursprünglich einen Pakt mit Strauss-Kahn geschlossen, dass keiner der beiden gegen den anderen antritt. Martine Aubry hatte am Dienstag ihre Kandidatur für die Vorwahlen bekannt gegeben.

Auch andere Sozialisten könnte die neue Sachlage in Verlegenheit bringen. Da es noch vor fast sieben Wochen so aussah, als sei die politische Karriere Strauss-Kahns beendet, haben sich viele seiner Anhänger inzwischen dem Lager der anderen Kandidaten wie Ségolène Royal, François Hollande oder eben Aubry angeschlossen. Sarkozy könnte sogar von der neuen Gemengelage profitieren, falls sie in der sozialistischen Partei Chaos auslöst.

Strauss-Kahn hingegen kann darauf hoffen, dass ihm seine Landsleute verzeihen. Zu Beginn der Affäre hatten die meisten Franzosen nicht an seine Schuld geglaubt. In einer Umfrage kurz nach seiner Verhaftung hatten 57 Prozent der Franzosen angegeben, dass sie von einer Verschwörung gegen ihn ausgingen. Sollte seine Unsc huld bewiesen werden, dürfteihm der Opfer-Effekt zusätzliche Sympathie-Punkte einbringen, meint Stéphane Rozès, Chef vom Meinungsforschungsinsitut CSA.

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