Wer wird denn gleich an die Luft gehen?

Saarbrücken. Der wohl lustigste Satz in der nicht enden wollenden Diskussion über ein Rauchverbot im Saarland stammt vom größten Kämpfer für das Verbot, von Hubert Ulrich. "Da hat nicht Peter Müller, sondern Peter Stuyvesant die Feder geführt", meinte der Grünen-Chef im Januar, als der Landtag einer Lockerung des Nichtraucherschutzes zustimmte

Saarbrücken. Der wohl lustigste Satz in der nicht enden wollenden Diskussion über ein Rauchverbot im Saarland stammt vom größten Kämpfer für das Verbot, von Hubert Ulrich. "Da hat nicht Peter Müller, sondern Peter Stuyvesant die Feder geführt", meinte der Grünen-Chef im Januar, als der Landtag einer Lockerung des Nichtraucherschutzes zustimmte. Von einem "Raucherschutzgesetz" sprach Ulrich seinerzeit, und davon, dass das Thema nach der Landtagswahl bei Koalitionsverhandlungen wieder auf den Tisch kommen werde. Lautes Gelächter gab es daraufhin im Hohen Haus, neun Monate später aber lacht Ulrich. Zumindest war er gestern beim Anruf unserer Zeitung gut gelaunt und felsenfest davon überzeugt, dass nun kommt, was die Grünen schon lange wollen - das strengste Rauchverbot der Republik. "Ohne Ausnahmen, wie in Frankreich, Italien oder Irland", sagt Ulrich. Auch aus der kleinen Eckkneipe, wo nur der Wirt hinter der Theke steht, werde der blaue Dunst verbannt. Die erneuten Korrekturen am Gesetz standen im Zentrum des grünen Wahlkampfes und spielten auch bei den Sondierungsgesprächen eine Hauptrolle. Das "Ergebnisprotokoll" der Gespräche von Grünen mit CDU und FDP, das am Mittwoch an die Öffentlichkeit gelangte, lässt denn auch wenig Spielraum für Kompromisse. Unter dem Punkt "Nichtraucherschutz" stehen Worte wie in Stein gemeißelt: "Konsequente Umsetzung, Abschaffung aller Ausnahmetatbestände".

Wer dennoch an der Macht der Grünen zweifelt und etwa auf die Liberalen hofft, die vor kurzem mit Blick auf ein konsequentes Rauchverbot noch die Schreckgespenster Gaststätten-Sterben und viele neue Arbeitslose an die Wand gemalt hatten, wer also Zweifel hat, dass Ulrich es ernst meint, dem seien diese Sätze des 51-Jährigen ans Herz gelegt, der als 15-Jähriger ein paar Monate rauchte: "Das ist verhandelt und unterzeichnet. Deshalb haben wir ja Sondierungsgespräche geführt." Auch drei Nachfragen, ob die Koalitionspartner in dieser Frage nicht noch ein Entgegenkommen wünschen könnten, beantwortet Ulrich stoisch: "Das ist verhandelt. Das ist verhandelt. Ich sage es noch einmal: Das ist verhandelt." Die Zurückhaltung der Bündnispartner stützt Ulrichs Aussagen. Die FDP will sich erst einmal nicht weiter äußern, die CDU verweist lediglich darauf, dass das Ergebnis der Sondierung noch kein Gesetzestext sei. "Daher lässt sich noch nicht beantworten, ob das Gesetz strenger wird oder nicht", sagt CDU-Sprecher Markus Frank und ergänzt: "Eine Koalition verlangt immer Kompromisse." Unklar blieb, ob er damit Zugeständnisse der Grünen oder doch eher seiner eigenen Partei meinte.

Zurückhaltung hat sich auch Gudrun Pink, die Landeschefin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes auferlegt. "Wir warten, was auf uns zukommt. Die Politik muss sich im Klaren darüber sein, was sie da macht", sagt Pink, die die wieder aufkommende Diskussion mit "Sorge" verfolgt - sie fürchtet Umsatzrückgänge und den Verlust von Arbeitsplätzen in der Gastronomie. "Wir haben für die jetzige Lösung gekämpft, damit können wir leben. Aber vielleicht müssen wir wieder kämpfen." Ein strengeres Nichtrauchergesetz "wäre fatal" und hätte erhebliche Folgen, sagt Pink: "Was ist mit den Investitionen, die gemacht wurden, wer entschädigt die Leute?" Die Jamaika-Koalition hat immerhin schon besprochen, dass ein "eventueller Bestandsschutz bei bereits erfolgten Umbaumaßnahmen" geprüft werden soll.

Dennoch bleiben viele Fragen. Nicht zuletzt die, ob Hubert Ulrich noch in seiner Stammkneipe "Zum Humpen" in der Saarlouiser Altstadt, wo er sich einst als Theker das Studium finanzierte, zum Feierabendbier an den Tresen darf. Er darf, sagt Wirt Ernie Müller: "Aber er bestellt fast immer Apfelschorle." 

Hintergrund

Gesetze zum Nichtraucherschutz gibt es in allen Bundesländern. Eines der schärfsten Verbote hatte Ende 2007 Bayern beschlossen - erlaubt blieb das Qualmen nur an der frischen Luft. Tausende Wirte unterliefen das Verbot und erklärten ihre Kneipen zu Raucher-Clubs. Mit der Lockerung in Bayern zum 1. August sind die Regelungen nun weitgehend gleich. So dürfen in allen Bundesländern Gaststätten separate Raucherräume einrichten. In der Regel dürfen das auch Diskotheken anbieten, wenn sie nicht von unter 18-Jährigen besucht werden.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht Ende Juli 2008 das Rauchverbot für Eckkneipen kippte, haben zahlreiche Länder ihre Gesetze neu gefasst oder planen dies zu tun. Inzwischen ist das Rauchen in Einraumkneipen, die kleiner als 75 Quadratmeter sind und andere Auflagen erfüllen, überall wieder erlaubt - oder wird zumindest nicht geahndet. dpa

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