Wer nimmt Platz unterm Adler?

Berlin. Am Rande einer der großen Koalitionsrunden meinte kürzlich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU): "Alles hängt mit allem zusammen." Das gilt nicht nur für die Inhalte, sondern auch für das Personal. Union und FDP haben gestern ihren Schlussmarathon mit der Arbeit am Rohentwurf des Koalitionsvertrages fortgesetzt

Berlin. Am Rande einer der großen Koalitionsrunden meinte kürzlich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU): "Alles hängt mit allem zusammen." Das gilt nicht nur für die Inhalte, sondern auch für das Personal. Union und FDP haben gestern ihren Schlussmarathon mit der Arbeit am Rohentwurf des Koalitionsvertrages fortgesetzt. Offiziell wurde bislang nur über die Inhalte gesprochen. Doch der ein oder andere Name dürfte schon gefallen sein, und jeder der Parteivorsitzenden wird seine Planung im Kopf oder sogar schon eine Personalliste erstellt haben. Die Zeit drängt.

Nur zwei Personen gelten als gesetzt: Merkel als Kanzlerin, Westerwelle als Außenminister. Hinzu kommt, dass die FDP vier Ministerien haben will. Jede Festlegung hat somit Einfluss auf die Gesamtlösung, auf die Statik des Kabinetts. Dreh- und Angelpunkt wird dabei das Finanzministerium sein. Ein Gerücht von vielen, die derzeit durch den Berliner Herbst schwirren, ist, dass Merkel das wichtige Ressort wieder bei der Union ansiedeln möchte. Denn bei allen maßgeblichen Entscheidungen hat der Kassenwart das letzte Wort. Sollte also der bisherige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière Finanzminister werden, kann CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg nicht Wirtschaftsminister bleiben, weil im Zuge der Balance das Ministerium an die FDP fiele. Die wiederum würde dann wohl FDP-Vize Rainer Brüderle nominieren.

Seitens der Liberalen wird allerdings gerne gestreut, dass man die FDP-Kernthemen Steuern und Finanzen auch über das Ministeramt vertreten will. Käme es so, würde Hermann Otto Solms, Erfinder des dreistufigen Steuermodells der FDP, eventuell auf diesen Posten rücken. Das wiederum würde bedeuten, dass CSU-Mann Guttenberg sein Amt behalten könnte, de Maizière bliebe Kanzleramtschef, und Brüderle, so heißt es, könnte ja den Job des EU-Kommissars übernehmen. Als Arbeitsminister ist weiterhin CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla im Gespräch. Ein enger Vertrauter Merkels, der belohnt werden will für seinen Wahlkampfjob. Das Ressort bietet jede Menge Gestaltungsmöglichkeiten und verfügt über einen großen Etat. Sollte es aber an die FDP fallen, dann wäre der Generalsekretär und ehemalige Arbeitsvermittler Dirk Niebel heißer Kandidat. Für Pofalla müsste eine andere Aufgabe gesucht werden. Klarer scheint die Besetzung bei Innen und Justiz: Wolfgang Schäuble behält sein Amt, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP wird wie einst unter Helmut Kohl wieder Justizministerin. Beim Thema Verteidigung gibt es zwei Optionen: Möglich, dass der glücklose Franz-Josef Jung seinen Posten behält, damit die Hessen am Kabinettstisch vertreten sind. Sollte Guttenberg das Wirtschaftsressort verstellt sein, könnte aber auch er die Verteidigung übernehmen - und Winzersohn Jung das Landwirtschaftsressort. Finanzen, so heißt es, wolle Guttenberg nicht. Von Ursula von der Leyen weiß man indes, dass sie Gesundheitsministerin werden will. Ihr Familienministerium könnte dann FDP-Ostfrau Cornelia Pieper übernehmen.

Unionsfraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen wird inzwischen für Bildung gehandelt, Amtsinhaberin Annette Schavan gilt neben Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner als Umwelt-Anwärterin. Ambitionen auf das Verkehrsressort hat vor allem die CSU, weil es im Infrastrukturbereich Geld zu verteilen gibt. Ihr Kandidat: CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Das Interesse der Bayern an der Landwirtschaft soll inzwischen gering sein. Die CSU-Frau und Noch-Ministerin Ilse Aigner könnte deshalb eine der Verliererinnen beim Kabinettspoker werden.

Bleibt die Frage der zweiten Reihe, also die der Staatssekretäre. Das Prinzip ist, jede Seite entscheidet über die eigenen Posten, die man aufgrund der Ressortvergabe verteilen kann. Merkel und Co. werden daher dem Vernehmen nach persönlich die Staatssekretärjobs vergeben. Denn es gibt Erwartungen der Landesverbände, und so kann deren Einfluss in der Regierung gesteuert werden. Darüber hinaus gilt: Wer Staatssekretär wird, wird zugleich belohnt. Das erhöht die Loyalität.

Hintergrund

Union und FDP wollen bis zum Wochenende ihre Koalitionsverhandlungen abschließen. Der Schlussspurt:

Freitag, 23. Oktober: Große Koalitionsrunde mit der Entscheidung über Ressortzuschnitte und Minister.

Samstag, 24. Oktober: Präsentation des Koalitionsvertrages und Bekanntgabe der Minister.

Dienstag, 27. Oktober: Konstituierende Sitzung des 17. Deutschen Bundestags. dpa

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