"Wer mich gewählt hat, soll stolz sein"

Straßburg. Martin Schulz ist keine zwei Stunden im Amt, da sucht er schon die erste Konfrontation. Der frischgebackene Präsident des Europäischen Parlamentes erwartet heute den ungarischen Regierungschef Viktor Orban im Straßburger Plenum

 Martin Schulz hält kurz nach seiner Wahl eine energische Rede im Plenum. Foto: Seeger/dpa

Martin Schulz hält kurz nach seiner Wahl eine energische Rede im Plenum. Foto: Seeger/dpa

Straßburg. Martin Schulz ist keine zwei Stunden im Amt, da sucht er schon die erste Konfrontation. Der frischgebackene Präsident des Europäischen Parlamentes erwartet heute den ungarischen Regierungschef Viktor Orban im Straßburger Plenum. Der wolle aber, so kündigte er an, nicht als reumütiger Sünder kommen und seine umstrittene Verfassungsänderung zurücknehmen, mit der er seine Notenbank an die staatliche Leine legte. Stattdessen gehe es ihm darum, "Ungarn gegen Europas Linke zu verteidigen". Schulz schüttelt den Kopf, nennt diese Auffassung zwar diplomatisch "couragiert". Aber sein Gesicht verrät, was er wirklich denkt: Der soll uns mal in die Finger kommen.Schon kurz nach seiner Wahl macht Schulz vor den Abgeordneten den Dampf, der ihn von seinen Vorgängern unterscheiden soll. "Wer mich gewählt hat, soll stolz auf seine Wahl sein. Und die, die mich nicht gewählt haben, will ich überraschen." Was er damit meint, beantwortet Schulz selbst: "Ich werde kein bequemer Präsident sein." Die neue Tonart zieht bereits Kreise. Eine Einladung der EU-Finanzminister an das Europäische Parlament, künftig an den Beratungen teilzunehmen, liegt vor. Schulz will mehr: Nicht nur die Präsidenten von Kommission und Europäischer Zentralbank sollen künftig mit den Staats- und Regierungschefs an einem Tisch über Wirtschaftsunion und Euro-Rettung streiten, sondern auch der "Präsident der einzigen demokratisch legitimierten EU-Institution". "Wer glaubt, er könne mehr Europa durch weniger Parlamentarismus schaffen, dem sage ich den Kampf an", erklärt Schulz. Die europäische Volksvertretung will der Sozialdemokrat aus dem Umland von Aachen aufwerten. "Wir sind ein kraftvolles Parlament mit einem völlig falschen Image", betont er. Das soll anders werden. Bis zu den Europawahlen Mitte 2014 hat Schulz nun dafür Zeit.

 Martin Schulz hält kurz nach seiner Wahl eine energische Rede im Plenum. Foto: Seeger/dpa

Martin Schulz hält kurz nach seiner Wahl eine energische Rede im Plenum. Foto: Seeger/dpa

Die Abgeordneten hören solche Worte gerne. Bei den Beratungen zur Fiskalunion hätten die Staats- und Regierungschefs sie um ein Haar aufs Abstellgleis geschoben. Bei einem Abkommen zwischen den Regierungen muss das Plenum in Straßburg nicht beteiligt werden. Der neue Präsident und die deutsche Kanzlerin verabredeten Zusammenarbeit. Inzwischen dürfen die europäischen Volksvertreter zwar mitreden, aber nichts mitentscheiden. Schulz will seine Kraft dennoch nicht in solchen Rangeleien zwischen den EU-Institutionen verschleißen. "Ich will, dass wir das verlorene Vertrauen der Bürger wieder gewinnen", sagte er. Schulz hat sich viel vorgenommen. dr

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