Mord in Kandel Wenn Teenager töten

Kandel · Ein 15-Jähriger ersticht in einer Drogerie in der Südpfalz seine gleichaltrige Ex-Freundin.

 Die Anteilnahme ist groß: Blumen und Kerzen vor dem Drogeriemarkt in Kandel, in dem am Mittwoch ein Mädchen getötet wurde.

Die Anteilnahme ist groß: Blumen und Kerzen vor dem Drogeriemarkt in Kandel, in dem am Mittwoch ein Mädchen getötet wurde.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Ein paar Blumen, ein paar Kerzen – viel mehr ist es nicht, was gestern Morgen vor dem Drogeriemarkt im südpfälzischen Kandel an das Verbrechen vom Vortag erinnert. Bände sprechen aber die Gesichter von Augenzeugen: Sie mussten mit ansehen, wie ein 15-Jähriger seine gleichaltrige Ex-Freundin im Geschäft mit einem Messer tötete. Die 31-jährige Diana Jäger berichtet: „Ich habe Schreie gehört und den Streit.“ Sie habe in der Filiale am Ortsrand Fotos ausdrucken wollen, als die Tat passiert sei. Die 15-Jährige ist durch die Stiche so schwer verletzt worden, dass sie später im Krankenhaus ihren Verletzungen erlag.

Der Täter, ihr Ex-Freund, ist laut Polizei ein Asylbewerber aus Afghanistan. Nach Angaben der Leitenden Oberstaatsanwältin Angelika Möhlig hatte das Mädchen Anfang Dezember mit dem Jugendlichen nach mehrmonatiger Beziehung Schluss gemacht. Er soll sie danach über soziale Netzwerke und telefonisch immer wieder bedrängt haben. Im November sei er auch wegen Körperverletzung auffällig geworden. Er soll in der Schule jemanden geschlagen haben, der ihn beleidigt hatte. Auch die Eltern seiner Ex-Freundin hatten ihn diesen Monat angezeigt – wegen Beleidigung, Nötigung und Bedrohung. „Er hat nach unseren Erkenntnissen gesagt, dass er sie abpasst“, sagt Vize-Polizeipräsident Eberhard Weber. Es sei aber bis zu der Tat zu keiner körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Die Beamten hätten auch den Eindruck gewonnen, dass er „eine gewisse Einsicht“ zeige. Eine erste Vorladung am 22. Dezember wegen der Anzeige habe der junge Mann jedoch verstreichen lassen. Stunden vor der Tat händigten Polizisten ihm eine Vorladung aus. Anhaltspunkte für Versäumnisse der Polizei sieht Weber nicht.

Nach bisherigen Erkenntnissen sind der 15-Jährige und sein späteres Opfer am Mittwoch zufällig aufeinandergetroffen, wie Möhlig sagt. Doch danach sei er dem Mädchen, das mit zwei Begleitern unterwegs war, zum Markt gefolgt. „Im Drogeriemarkt stellte sich der Beschuldigte vor das Mädchen, nahm ein Messer und stach mehrfach auf sie ein.“ Zu den Motiven schweigt der junge Mann. Es stehe eine Beziehungstat im Raum, aber die Ermittlungen liefen noch, sagt Möhlig.

Zeugin Diana Jäger erinnert sich, wie das Mädchen in der Kosmetikabteilung am Boden lag, umringt von anderen Jugendlichen. Jemand habe seinen Namen gerufen, Jäger habe Rufe wie „bleib da!“ und „bleib wach!“ gehört. Der junge Mann sei von Passanten festgehalten worden, berichtet sie. „Der stand einfach nur da und hat nichts gesagt.“ Er habe sich später widerstandslos festnehmen lassen.

Gegen den 15-Jährigen erging Haftbefehl wegen Totschlags, die Ermittler wollen auch prüfen, ob Mord als Vorwurf infrage kommt. Die Höchststrafe liegt in beiden Fällen im Jugendstrafrecht bei zehn Jahren.

Der Jugendliche ist den Angaben zufolge im April 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen. Nach seiner Registrierung in Frankfurt sei er ins pfälzische Germersheim gebracht worden und habe dort bis September dieses Jahres in einer Jugendhilfeeinrichtung gelebt. Er sei dort auch zur Schule gegangen. Anschließend sei er in eine betreute Jugendwohngruppe in Neustadt an der Weinstraße gezogen.

(dpa)
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