Wenn "Onkel Sam" pleitegeht

Washington. Niemand weiß genau, was passiert, wenn die USA ihre Rechnungen nicht mehr vollständig begleichen können. In der Geschichte gibt es dafür kein Beispiel. Schulden der amerikanischen Regierung tragen deshalb das "AAA"-Gütesiegel der Rating-Agenturen. Je höher die Wertung, desto niedriger die Kosten für die Kapitalaufnahme

Washington. Niemand weiß genau, was passiert, wenn die USA ihre Rechnungen nicht mehr vollständig begleichen können. In der Geschichte gibt es dafür kein Beispiel. Schulden der amerikanischen Regierung tragen deshalb das "AAA"-Gütesiegel der Rating-Agenturen. Je höher die Wertung, desto niedriger die Kosten für die Kapitalaufnahme. Die amerikanischen "T-Bonds" galten bisher als so sicher, dass Onkel Sam seinen Gläubigern zurzeit nicht mehr als drei Prozent Zinsen zahlen muss.Die Warnung der Rating-Agentur Moody's, die Bewertung der Qualität amerikanischer Staatsanleihen herabzusetzen, deutet auf eine unmittelbare Konsequenz einer Zahlungsunfähigkeit hin. Isabel Sawhill von der Brookings Institution warnt im Gespräch mit unserer Zeitung, ein Verlust der "AAA"-Wertung sei bereits vor dem eigentlichen Staatsbankrott denkbar. "Wenn dies passiert, könnte eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt werden, die sich nicht mehr aufhalten lässt."

Das Schlüsselwort lautet: Vertrauensverlust. Dieser käme die USA vermutlich teuer zu stehen. Der Bonds-Riese Pimco geht davon aus, dass die Zinsen für die Kapitalaufnahme um mindestens ein Prozent steigen werden. Washington müsste für die Finanzierung seiner Staatsschulden über die kommenden fünf Jahre 1,2 Billionen Dollar zusätzlich aufbringen.

Schwer abschätzbar bleibt der Domino-Effekt an den internationalen Börsenplätzen und Finanzmärkten, auf denen US-Anleihen bisher als sicherer Hafen galten. Niemand wäre von einer Staatspleite der USA mehr betroffen als China, das mit einer Billionen US-Dollar der größte einzelne Gläubiger ist. Die chinesische Regierung mahnte die USA gestern deshalb nachdrücklich, "verantwortliche Entscheidungen zu treffen".

Danach sieht bisher wenig aus. US-Präsident Barack Obama (Foto: afp) setzte den Republikanern eine Frist für diesen Freitag. Falls deren Führer im Kongress nicht mehr an einem Abkommen über einen umfassenden Schuldenabbau interessiert seien, warte er auf Vorschläge, wie die Obergrenze der Neuverschuldung von derzeit 14,3 Billionen US-Dollar anders heraufgesetzt werden könne. Der Kongress führte die Schuldendecke 1917 ein und hat sie seitdem rund 100 Mal erhöht oder gesenkt. Eine Formalie, die Republikaner und Demokraten in der Vergangenheit als notwendiges Übel betrachteten, den Staat flüssig zu halten. Mit dem Erstarken des "Tea-Party"-Flügels der Republikaner im US-Kongress hat sich diese Einstellung verändert. Die Rechtspopulisten drohen damit, die Pleite zu riskieren, falls Obama sich nicht auf ihr Sparpaket einlässt.

Das Finanzministerium hat ausgerechnet, dass ohne Einigung am 2. August 134 Milliarden US-Dollar in der Staatskasse fehlen, alle offenen Rechnungen zu begleichen.

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