Wenn die Waschmaschine zu schnell schlappmacht

Berlin. Der alte Spruch "Früher haben die Dinge länger gehalten als heute" entspricht offenbar der Realität. Egal ob bei Druckern, Waschmaschinen, Kaffeevollautomaten oder Elektrozahnbürsten - immer häufiger bauen die Hersteller bewusst Schwachstellen und Material minderer Qualität ein, damit ihre Produkte schneller verschleißen oder kaputtgehen

Berlin. Der alte Spruch "Früher haben die Dinge länger gehalten als heute" entspricht offenbar der Realität. Egal ob bei Druckern, Waschmaschinen, Kaffeevollautomaten oder Elektrozahnbürsten - immer häufiger bauen die Hersteller bewusst Schwachstellen und Material minderer Qualität ein, damit ihre Produkte schneller verschleißen oder kaputtgehen. Das ist zumindest das Ergebnis einer von der grünen Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenen Studie, die der SZ vorliegt.Wer kennt das nicht: Kaum sind Gewährleistung oder Garantie abgelaufen, schon gibt ein Gerät den Geist auf. Nach Ansicht des Verbraucher-Experten Stefan Schridde und des promovierten Volkswirts Christian Kreiß, die das Gutachten für die Grünen verfasst haben, steckt dahinter System. So würden Bauteile verwendet, die als versteckte Schwachstelle einen frühzeitigen Defekt auslösten. Auch würden technische Tricks angewandt, um die Nutzungsdauer eines Geräts zu verkürzen.

Die Leidtragenden, so die Gutachter, seien die Verbraucher: Sie müssen in immer kürzeren Abständen neue Produkte kaufen. Die Verfasser schätzen, dass die Deutschen mehrere Milliarden Euro unnötig bezahlen, weil die Haltbarkeit künstlich reduziert wird. In einer ihrer Modellrechnungen beträgt die Gesamtsumme sogar jährlich bis zu 137 Milliarden Euro, wenn man davon ausgeht, dass die Privathaushalte rund ein Zehntel ihres Budgets für verschleißanfällige Geräte ausgeben.

Das Gutachten führt zahlreiche Produkte auf, bei denen die Industrie täuscht oder trickst. Beispiel Drucker: Laut Studie bauen Hersteller Zähler ein, die nach einer bestimmten Anzahl gedruckter Seiten das Gerät lahmlegen. Nach Zurückstellen des Zählers funktioniert der Drucker wieder einwandfrei. Beispiel Elektrozahnbürsten: Oftmals enthalten sie Akkus, die nicht ausgewechselt werden können und deren Ladefunktion rasch erschöpft ist. Das Gerät muss dann weggeworfen und ein neues gekauft werden. Beispiel Laptop: Die Gutachter haben festgestellt, dass Gehäuse und eingebaute Komponenten oft miteinander verklebt sind. So wird eine Reparatur erheblich erschwert und verteuert. Beispiel Kopfhörer: An den Verbindungsstellen sind Kabelbrüche wegen minderwertiger Verarbeitung selbst bei ganz normaler Nutzung inzwischen gang und gäbe. Beispiel Waschmaschine: Kaputte Heizstäbe wegen Material-Ermüdung zählen mittlerweile zu den häufigsten Reparaturfallen und "haben in den vergangenen Jahren signifikant zugenommen", heißt es.

Auch Türgriffe sind nach Angaben der Experten häufig nicht mehr separat lieferbar, weshalb die Kunden gleich die ganze Tür neu kaufen müssten. Selbst bei Reißverschlüssen, Schuhsohlen, Textilien oder Bürostühlen wird laut Gutachten getrickst. Das Vorgehen der Hersteller sei eine "Schweinerei", sagt die Grünen-Politikerin Dorothea Steiner. Frühzeitiger Verschleiß verursache nicht nur hohe Kosten, "sondern auch immense Müllberge".

Insgesamt, so Schridde, habe er an die 2000 Meldungen von Verbrauchern über verdächtige Produkte erhalten. Gleichwohl gebe es heute viel mehr Geräte in den Haushalten und damit einen höheren Reparaturbedarf, räumt Schridde ein. Laut Studie werden Kunden auch dadurch zum Neukauf geködert, dass viele technische Geräte ständig in neuen Versionen auf den Markt gebracht werden. Das verursache ein "hohes Maß an Intransparenz und Orientierungslosigkeit" beim Käufer. Die Grünen fordern nun klare Vorgaben "für die Reparierbarkeit und Austauschbarkeit von Einzelteilen", erklärt die verbraucherpolitische Sprecherin Nicole Maisch. Außerdem müsse das "Gewährleistungs- und Garantierecht" zügig überarbeitet werden. "Das Vorgehen

der Hersteller ist

eine Schweinerei."

Grünen-Politikerin

Dorothea Steiner

Hintergrund

Unter dem Motto "Murks? Nein Danke" hat der Betriebswirt Stefan Schridde eine bürgerschaftliche Initiative gestartet gegen "geplante Obsoleszenz". So lautet der Fachbegriff für Produktverschleiß, der auf bewusst eingebaute Schwachstellen zurückzuführen ist. Im Internet unter www.murks-nein-danke.de können Verbraucher Produkte melden, die kurz nach Ablauf der Garantiezeit kaputtgegangen sind. "Ich will ein Bewusstsein für das Problem schaffen", sag Initiator Schridde. "Wir leben nicht in einer Wegwerf-Gesellschaft, wie immer gesagt wird, wir haben nur eine Wegwerf-Produktion." dpa/red

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