Wenn die Hilfe des Staates verpufft

Berlin. Fast 184 Milliarden Euro gibt Deutschland jährlich für Familien-Hilfen aus. Das Geld landet in mehr als 150 Einzeltöpfen: vom Ehegattensplitting über das Kindergeld bis zur Kita-Finanzierung. Dass diese Hilfen etwa bei der Bekämpfung der Kinderarmut oft wirkungslos verpuffen, zeigt der erste Kinderbericht der OECD

Berlin. Fast 184 Milliarden Euro gibt Deutschland jährlich für Familien-Hilfen aus. Das Geld landet in mehr als 150 Einzeltöpfen: vom Ehegattensplitting über das Kindergeld bis zur Kita-Finanzierung. Dass diese Hilfen etwa bei der Bekämpfung der Kinderarmut oft wirkungslos verpuffen, zeigt der erste Kinderbericht der OECD. Er dürfte den Streit darüber befeuern, ob die weitere staatliche Familienförderung besser in Sachleistungen investiert werden sollte. Das will etwa die SPD. Oder doch stärker in direkte Zahlungen an die Familien. Die Forderung nach einem Betreuungsgeld für die Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen, ist Wahlprogramm von CDU und CSU. Am Geld liegt es nicht. Im Vergleich zu den übrigen Industriestaaten gibt Deutschland etwa 20 Prozent mehr für die Familien aus. 40 Prozent der Mittel gehen aber direkt an die Eltern. In Dänemark und Schweden - so die OECD-Studie - liegen diese direkten Zahlungen nur bei 20 Prozent. In beiden Ländern ist die Kinderarmut ebenso wie in Österreich, Großbritannien und Frankreich deutlich geringer. Die OECD-Zahlen sind zum Teil einige Jahre alt. Der Trend gelte aber noch heute, sagen die Experten. 40 Prozent der Haushalte mit Alleinerziehenden sind in Deutschland im OECD-Sinne arm. Das heißt, dass sie mit weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens auskommen müssen. Im OECD-Mittel sind es 30 Prozent der Alleinerzieher-Familien, die unter dieser Grenze liegen. Auch bei der Bildung gibt Deutschland viel Geld aus, erreicht aber oft nur Unterdurchschnittliches. Der OECD-Bericht dazu: Beim Lesen, bei Mathematik und Naturwissenschaften ist der Abstand zwischen den besten zehn und den schlechtesten zehn Prozent der Schüler nur in Mexiko, Italien, Tschechien, Belgien, Frankreich, USA und Griechenland größer. Dabei wird der Weg, den Deutschland in den vergangenen Jahren mit Elterngeld und Kita-Ausbau eingeschlagen hat, von der OECD ausdrücklich begrüßt. Er müsste aber konsequent ausgebaut werden. Gezieltere Hilfen für bedürftige Kinder und deren Familien und einen weiteren Ausbau von Kinderbetreuung und Ganztagsschulen fordert Monika Queisser von der OECD. Sie verweist nebenbei auf gute Erfahrungen in Ländern, wo staatliche Hilfen an konkretes Verhalten zur Förderung der Kinder geknüpft wird. So etwa in Ungarn, wo Mütter einen Bonus bekommen, wenn sie viermal einen Arztbesuch nachweisen. Aber nicht alles liegt nach dem OECD-Bericht bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Argen. Relativ gut schneidet Deutschland bei der Gesundheit ab. Die Sterblichkeit von Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahren liegt deutlich unter dem OECD-Schnitt. Auch der Impfstand gegen Kinderkrankheiten ist überdurchschnittlich hoch. Dagegen bewegen sich aber mehr als 80 Prozent der Elf- bis 15-Jährigen nicht ausreichend. Babys in Deutschland werden häufiger als anderswo in den ersten Lebensmonaten gestillt. Und nur einer von 200 jungen Menschen beklagt, dass ihm die notwendige Ausstattung in der Schule fehlt. Auch bei dem so genannten Risikoverhalten von Jugendlichen schneidet Deutschland im OECD-Vergleich relativ gut ab. Deutsche Jugendliche sind weniger betrunken, Teenager-Schwangerschaften seltener als in anderen Ländern. Beim Rauchen dagegen liegt die deutsche Jugend leicht vorne. 19 Prozent der 15-Jährigen geben an, dass sie mindestens einmal pro Woche rauchen. Im OECD-Schnitt sind es 17 Prozent. Nicht alles liegt bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland im Argen.Meinung

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