Wenn das Glücksspiel das Leben bestimmt

Fast ein Viertel aller Deutschen im Alter von 18 bis 20 Jahren verzockt Geld inzwischen an Spielautomaten, vier Mal so viele wie noch vor sieben Jahren. Klassische Spielarten wie Lotto sind hingegen immer weniger gefragt.

Saarbrücken/Köln. "Manche fangen aus Spaß an, am Geldautomaten zu spielen. Doch irgendwann geht es nur noch um den Kick." Markus Arand von der Fachstelle Glücksspielsucht im Saarland beobachtet seit einigen Jahren, dass immer mehr junge Menschen Gefahr laufen, glücksspielsüchtig zu werden. Und das, obwohl laut Landesverwaltungsamt die Zahl der Spielhallen (Juli 2012: 286, November 2013: 260) rückläufig ist. Arand koordiniert zusammen mit einem Team Präventions- und Beratungsangebote für Betroffene. Der Weg in die Sucht führe bei jungen Leuten vor allem über Geldautomaten in Kasinos oder Gaststätten.

Diese Erfahrung stützt auch eine aktuelle Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Demnach ist das "Zocken" an Geldspielautomaten bundesweit auf dem Vormarsch. 2013 lag der Anteil der Spieler bei 23,5 Prozent der 18- bis 20-Jährigen. Vier Mal so viele wie 2007. Insgesamt spielen 3,7 Prozent der 16- bis 65-Jährigen an den Daddelmaschinen.

Im Vergleich zu 2007 ist allerdings ein deutlicher Rückgang der Teilnehmerzahlen bei Spielarten wie Lotto zu verzeichnen. In den letzten zwölf Monaten vor der aktuellen Befragung hatten 40 Prozent der 16- bis 65-Jährigen mindestens an einem solchen Glücksspiel teilgenommen. 2007 waren es noch 55 Prozent.

Der Staat verdient beim Glücksspiel kräftig mit. 2011 nahm er dadurch drei Milliarden Euro ein. Damals verzeichnete die Glücksspielbranche einen Umsatz von 32,5 Milliarden Euro. Die Spieler selbst allerdings stehen nicht selten vor dem finanziellen Ruin, wenn sie sich entscheiden, eine Beratungsstelle aufzusuchen, erklärt Arand. Dabei können Finanzprobleme bereits der Auslöser dafür sein, dass man vom Glücksspiel nicht mehr loskommt. Für eine Spielsucht sprechen dann laut Arand mehrere Faktoren: "Vernachlässige ich meinen Beruf? Werde ich arbeitslos? Vertusche ich, dass ich spiele?" Je mehr solcher Fragen ein Spieler bejahen könne, desto wahrscheinlicher sei es, dass er krankhaft spielsüchtig ist.

Das Problem erkenne aber nicht jeder von selbst. Viele würden durch Freunde und Familie angetrieben, ein Beratungsangebot zu nutzen. Ist eine Therapie nötig, können die Betroffenen in ein ambulantes Reha-Programm einsteigen, erklärt Birgit Altmeier, Leiterin der Suchtberatungsstelle der Caritas Saarbrücken. "In den Sitzungen gehen wir den Ursachen der Sucht auf den Grund. Manche spielen etwa, weil sie Stress abbauen wollen." Sportliche Betätigung könne hierbei eine gute Ergänzung zu den Gruppen- und Einzelgesprächen sein. Möglich ist auch eine stationäre Behandlung in einer Fachklinik mit ambulanter Nachsorge. Wer die Therapie bis zum Schluss durchhält, hat laut Altmeier in der Regel gute Rehabilitations-Chancen.

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