Wenn aus dem Drang zur Freiheit eine gefährliche Rekordjagd wird

Hamburg. Unter dem Jubel tausender Fans kam die australische Solo-Weltumseglerin Jessica Watson am Samstag in Sydney wieder an Land. Hinter der 16-Jährigen lagen 23 000 Seemeilen um die ganze Welt, 210 einsame Tage auf dem Meer - und sie strahlte über das ganze Gesicht. Mit ihrer Jacht "Ella's Pink Lady" hatte sie den Globus umsegelt

 Weltumseglerin Jessica Watson (16) nach ihrer Rückkehr Foto: dpa

Weltumseglerin Jessica Watson (16) nach ihrer Rückkehr Foto: dpa

Hamburg. Unter dem Jubel tausender Fans kam die australische Solo-Weltumseglerin Jessica Watson am Samstag in Sydney wieder an Land. Hinter der 16-Jährigen lagen 23 000 Seemeilen um die ganze Welt, 210 einsame Tage auf dem Meer - und sie strahlte über das ganze Gesicht. Mit ihrer Jacht "Ella's Pink Lady" hatte sie den Globus umsegelt. Als jugendliche Abenteurerin ist Jessica Watson nicht allein. So will der 13-jährige Kalifornier Jordan Romero den Mount Everest bezwingen. "Wenn ich nicht gerade Berge besteige, dann bin ich so, wie jeder andere 13-Jährige", versichert er. Nur dass er eben besonders sportlich ist und die Zeit am liebsten beim Ski-, Rad- und Kajakfahren oder mit Laufen und Klettern verbringt.

Junge Rekordjäger sind ein Phänomen. Jugendforscher zeigen sich aber wenig erstaunt. "Es ist typisch, dass Jugendliche etwas machen, bei dem sie ihre Handschrift sehen", sagt Claus Tully, Professor beim Deutschen Jugendinstitut in München. Die jungen Leute wollten sich sowohl von Älteren als auch von Gleichaltrigen abgrenzen. Und dafür greifen sie zu unterschiedlichsten Mitteln. Vielen Teenagern genügten Statussymbole wie ein iPod oder bestimmte Klamotten, erläutert Tully. Solche Gegenstände kann sich aber jeder zulegen - vorausgesetzt, man hat das Geld dazu. Manche Jugendliche begäben sich daher mit dem eigenen Körper auf den Wettlauf zu mehr Individualität. "Körperliche Herausforderungen nehmen an Bedeutung zu", sagt Tully.

Jessica Watson gab sich selbst bei Windstärke acht entspannt. Das sei mit "Ella's Pink Lady" eigentlich keine große Sache, schrieb sie Ende April in ihrem Blog - da war sie mitten auf dem Ozean südlich von Australien. Während sich andere 16-Jährige mit Freundinnen im Schwimmbad oder Kino treffen, kämpfte Jessica mit Gewitterstürmen, zehn Meter hohen Wellen und Wasser in der Koje.

"Es sind nicht mehr nur die Jungs", sagt Jugendforscher Klaus Hurrelmann über die jungen Wagemutigen. "In den Abenteuern spiegelt sich der hohe Freiheitsgrad wider, den man heute als junger Mann oder junge Frau hat." Als Mitautor der Shell-Jugendstudie hatte Hurrelmann bereits im Jahr 2006 ein "erhöhtes Streben nach persönlicher Unabhängigkeit" festgestellt. Der Sozialwissenschaftler weist außerdem darauf hin, dass Jungen und Mädchen zusammengenommen heute im Schnitt mit zwölf Jahren in die Pubertät kommen - drei Jahre früher als um 1900. Den jungen Leuten wie Jessica Watson oder Jordan Romero komme natürlich auch der technische Fortschritt zugute, sagt Hurrelmann. Der 16-jährigen Seglerin Abby Sunderland kamen beim Versuch, die Welt nonstop zu umrunden, aber Probleme mit dem Autopiloten dazwischen.

Und wie steht's um die Abenteuerlust ganz "normaler" junger Leute? Viele gönnen sich gleich nach dem Abitur eine Auszeit in Ländern wie Australien oder Neuseeland. Dort locken Kicks beim Bungeejumping oder Fallschirmspringen. Veranstalter solcher Auslandsaufenthalte bekommen derzeit verstärkt von unter 18-Jährigen Anfragen. Eine Sprecherin von TravelWorks in Münster erklärt das mit der Verkürzung der Schulzeit an den Gymnasien vieler Bundesländer. Statt gleich mit Studium zu beginnen, erkunden viele junge Leute lieber erstmal die Welt.

 Weltumseglerin Jessica Watson (16) nach ihrer Rückkehr Foto: dpa

Weltumseglerin Jessica Watson (16) nach ihrer Rückkehr Foto: dpa

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