Medienkonsum von Kindern Weder Bücherwurm noch Online-Junkie

Berlin · Nach einer Verlagsstudie steht die Lektüre von Büchern und Zeitschriften bei Kinder trotz Smartphone noch immer hoch im Kurs.

Medienkonsum von Kindern: Weder Bücherwurm noch Online-Junkie
Foto: SZ/Bernhard Baltes

Von wegen Dauersurfer und Stubenhocker: Kinder lesen nach wie vor gerne Bücher und Zeitschriften und spielen mit Gleichaltrigen, oft sogar lieber, als digital zu spielen oder mit Freunden zu chatten. Das geht jedenfalls aus einer Umfrage im Auftrag von sechs Verlagen hervor, die Zeitschriften und Magazine für Kinder und Jugendliche veröffentlichen und mit der Studie auch auf die Bedeutung ihrer Titel für die Werbung aufmerksam machen wollen. Für die Untersuchung „Young Digital Natives – wie digital sind sie wirklich“ wurden rund 2000 Kinder und Erziehungsberechtigte im Auftrag der Verlage Blue Ocean Entertainment, Egmont Ehapa, Gruner + Jahr, Panini, Spiegel-Verlag und Zeit Verlag befragt.

Demnach erreichen die 39 Kinder- und Jugendtitel der Verlage, darunter Klassiker wie „Disneys lustiges Taschenbuch“, das Fußball-Magazin „Just kick it“ oder das Pferdemagazin „Wendy“ 71,5 Prozent der rund 7,17 Millionen Jungen und Mädchen im Alter von vier bis 13 Jahren.

Die Verlage stoßen damit auf offene Ohren und Augen. Fast drei Viertel (72 Prozent) der Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren gaben an, mehrmals pro Woche zum Buch oder einer Zeitschrift zu greifen. Danach folgen Gameboy, Spielkonsole oder Tablet: 57 Prozent spielen damit mehrmals in der Woche. In der Gruppe der Sechs- bis 13-Jährigen liegt das klassische Lesen sogar weit vor digitalen Unterhaltungsangeboten wie YouTube, Spielkonsolen oder DVDs.

Die Ergebnisse dürften der Verlagsbranche gefallen. Smartphone, Kopfhörer und Comic – alles gleichzeitig: Kinder seien in der Lage, multimedial verschiedene Inhalte parallel zu nutzen, sagte Gerd Brüne, Verlagsgeschäftsführer bei Gruner+ Jahr und einer der Auftraggeber bei der Präsentation der Studie gestern in Berlin.

Bei den 13-Jährigen etwa seien Smartphones selbstverständlich. Jedes dritte Kind (37 Prozent) im Alter von sechs bis neun Jahren besitzt ein Smartphone oder ein Handy, bei den Zehn- bis 13-Jährigen sind es sogar 84 Prozent. Doch was löst die Vernetzung bei den Kindern aus?

Noch jüngst hatte die Drogenbeauftragte des Bundes, Marlene Mortler (CSU), Eltern aufgerufen, mehr auf die Mediennutzung ihrer Kinder zu achten. Durch tägliche Smartphone-Nutzung setzten sich Kinder verstärkt Risiken wie Konzentrationsschwäche, Sprach-Störungen oder Hyperaktivität aus. Mortler stützte sich auf eine Studie, bei der mehr als 5500 Kinder und Eltern zum Thema befragt worden waren. Kinder sollten nicht vor dem zwölften Geburtstag ein Smartphone bekommen. Auch die Medienpädagogin Kristin Langer empfiehlt die Nutzung von Handys erst ab dem neunten Lebensjahr, im Falle von Smartphones erst ab dem Teenager-Alter: „Ab etwa elf bis 13 Jahren sind Kinder so weit, dass sie das Große und Ganze verstehen können.“

Ob alle 2000 Kinder und Erziehungsberechtigten, die an der Studie teilnahmen, sich auch wirklich so verhielten, wie es die Antworten suggerierten, ließ Brüne offen. Fakt ist aber: Die vorliegenden Daten sind eine Quotenstichprobe, die auch die soziale Herkunft der Kinder repräsentativ abgebildet hat.

Untersucht wurde auch das Konsumverhalten. Demnach erhalten die Kinder in Deutschland im Durchschnitt mehrere hundert Euro Taschengeld und Geldgeschenke im Jahr. Die zehn- bis 13-jährigen Jungen kommen auf etwa 654 Euro pro Jahr. Überhaupt kriegen die Jungen im Schnitt mehr Geld als die Mädchen. Die bekommen im Vorschulalter monatlich knapp 17 Euro, bei Jungen sind es dagegen 20 Euro. Dieser Unterschied bleibt auch in der Altersgruppe von sechs bis 13 Jahren erhalten: Mädchen bekommen dann pro Monat im Schnitt 41 Euro, Jungen hingegen fast 44 Euro. Das Geld geben die Kinder vor allem für Kekse, Süßigkeiten und Kaugummis aus, aber auch für Zeitschriften, Comics und Eis.

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