Warum in der EU oft Spenderorgane vernichtet werden

Brüssel. Zehntausende Menschen in der Europäischen Union hoffen und bangen täglich. Sie warten auf ein Spenderorgan. Doch in einigen EU-Ländern werden Organspenden vernichtet, weil sie derzeit nicht an Empfänger in einem Nachbarstaat weitergegeben werden dürfen

Brüssel. Zehntausende Menschen in der Europäischen Union hoffen und bangen täglich. Sie warten auf ein Spenderorgan. Doch in einigen EU-Ländern werden Organspenden vernichtet, weil sie derzeit nicht an Empfänger in einem Nachbarstaat weitergegeben werden dürfen. Auf diese Situation hat EU-Gesundheitskommissar John Dalli (Foto: dpa) bei einer Anhörung im Europäischen Parlament in Brüssel hingewiesen. Der Grund: Die Mitgliedstaaten testen die Organe unterschiedlich auf Krankheitserreger. "Bei einem grenzüberschreitenden Austausch müssen hohe Qualität und Sicherheit gewährleistet sein", sagte Dalli. Die EU habe eine Richtlinie über eine Angleichung der Anforderungen für gespendete Organe erlassen, die aber erst 2012 in Kraft tritt. Es gibt zwar den Verbund "Eurotransplant". "Aber zwischen Deutschland und Polen oder Frankreich ist der Austausch nicht ohne Weiteres möglich", sagte der CDU-Europa-Abgeordnete und Arzt, Peter Liese.

Die in der Bundesrepublik derzeit diskutierte Entscheidungslösung (beim Antrag auf Führerschein, Personalausweis oder Pass soll die Bereitschaft zur Organspende abgefragt werden) wird von der EU-Kommission begrüßt. Dennoch reiche dies nicht. Rund 12 000 Bundesbürger - 52 000 in der ganzen EU - warten auf ein Spenderorgan. Während hierzulande nur 14,6 Transplantationen auf eine Million Einwohner gezählt werden, sind es beim EU-Spitzenreiter Spanien 34,2.

Mehr Akzeptanz bei Bürgern

Spanien hat für alle Krankenhäuser Transplantationsbeauftragte geschult, die potenzielle Spender herausfinden, Gespräche mit den Angehörigen führen und einen eventuellen Transplantationsablauf organisieren. Zudem gilt die so genannte Widerspruchslösung: Solange kein Widerspruch dokumentiert wurde, geht man von einer Zustimmung zur Organentnahme aus. Dalli betonte jedoch, dass die Transplantationsexperten dennoch mit den Angehörigen sprechen. "Das hat die Akzeptanz der Organspende in der Bevölkerung massiv erhöht."

Transplantationsbeauftragte wurden inzwischen auch von einigen deutschen Bundesländern eingeführt. Nordrhein-Westfalen verzeichnete unmittelbar nach Anstellung der Spezialisten eine "signifikante Erhöhung der Spenderzahlen". Aus Sicht des Mediziners und Politikers Liese bedeutet das aber auch: "Für das Fehlen von geeigneten und dringend benötigten Spenderorganen in der Bundesrepublik ist in erster Linie nicht die unbefriedigende Zahl von Organspendern verantwortlich, sondern die mangelnde Koordination und unzureichende Organisation in den Krankenhäusern." Häufig hätten die Ärzte "zu wenig Zeit", um potenzielle Spender zu identifizieren. In einigen deutschen Kliniken gehe etwa die Hälfte der möglicherweise verfügbaren Spenden verloren.

EU-Kommissar Dalli sieht in Transplantationen auch ein Instrument, um die Gesundheitsausgaben zu reduzieren. Bei einer Dialyse entstünden pro Jahr Kosten von rund 80 000 Euro. Die Verpflanzung eines Organs koste ebenso viel, aber eben nur einmal.

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