Warum Hartz IV korrigiert werden muss

Wie wurden die Regelsätze bisher berechnet? Alle fünf Jahre wird ermittelt, wie das einkommensschwächste Fünftel der Singles in Deutschland lebt. Sozialhilfeempfänger werden dabei nicht berücksichtigt. Grundlage ist eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) bei etwa 60 000 Haushalten nach Daten des Statistischen Bundesamtes

Wie wurden die Regelsätze bisher berechnet?

Alle fünf Jahre wird ermittelt, wie das einkommensschwächste Fünftel der Singles in Deutschland lebt. Sozialhilfeempfänger werden dabei nicht berücksichtigt. Grundlage ist eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) bei etwa 60 000 Haushalten nach Daten des Statistischen Bundesamtes. Bei der erstmaligen Festlegung 2005 zurrte eine kleine Expertenrunde den Regelsatz auf 345 Euro fest.

Wie viel Geld bekommt ein erwachsener Hartz-IV-Empfänger?

Derzeit erhalten Langzeitarbeitslose neben der Warmmiete bei vollem Hartz-IV-Regelsatz 359 Euro im Monat zum Leben. Mit dem Geld sollen Lebensmittel, Kleidung, Körperpflege und Hausrat abgedeckt werden. Der Betrag ist für einen allein stehenden Erwachsenen berechnet. Leben dagegen zwei erwachsene Partner zusammen, stehen ihnen jeweils 90 Prozent der Regelleistung zu, das sind jeweils 323 Euro. Grund: Ein Zusammenleben spart Kosten.

Wie werden die Kinder-Regelsätze berechnet?

Kinder werden im Prinzip wie kleine Erwachsene behandelt. Sie bekommen Bezüge, die ausgehend vom Regelsatz gestaffelt sind. Für Kinder unter sechs Jahren gibt es 60 Prozent (215 Euro), unter 14 Jahren 70 Prozent (251 Euro) und für die Älteren 80 Prozent (287 Euro).

Warum ist eine Hartz-IV-Reform notwendig?

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar eine Neuberechnung der Regelsätze für alle 6,5 Millionen Hartz-IV-Bezieher bis 31. Dezember verlangt. Die bisherige Berechnungsmethode verstößt nach Ansicht der Richter gegen das Grundgesetz. Die Kalkulation sei intransparent und orientiere sich zu wenig an der Realität. Die Höhe der Regelsätze wurde aber nicht beanstandet. Besonders die rund 1,7 Millionen Kinder unter den Hartz-IV-Beziehern sollten nach dem Urteil bessergestellt werden. Die Richter rügten, dass die Ausgaben für Bildung und das gesellschaftliche Leben bei der Berechnung ausgeklammert sind - etwa für Internet, Kino oder Sportverein. dpa

Meinung

Wege aus dem Teufelskreis

Von SZ-Redakteur

Lothar Warscheid

Die am Jahresende 2004 in Mammut-Verhandlungsrunden abgesegnete Hartz-IV-Reform war mit heißer Nadel gestrickt. Jetzt muss nachgebessert werden. Der Ansatz, Kinder besser zu stellen, ist richtig. Sie sind keine kleinen Erwachsenen, ihre Bedürfnisse und ihr Entwicklungspotenzial lassen sich nicht in irgendwelche Quoten pressen. Die Kinder aus Hartz-IV-Familien sollen die Möglichkeit bekommen, am Leben ihrer Altersgenossen teilhaben zu können. Vor allem im Bildungsbereich müssen sie dem Teufelskreis "einmal Sozialhilfe, immer Sozialhilfe" entrissen werden. Hier müssen sich auf der kommunalen Ebene Netzwerke aus staatlichen Einrichtungen, Schulen, Kindergärten und Vereinen entwickeln, die dies sicherstellen. Für diese Aufgaben sollte man auch mehr Mittel zur Verfügung stellen. Einfach mehr Geld für die Kinder zu überweisen, wäre hingegen falsch. Damit wäre ihnen nicht geholfen, da niemand weiß, ob das Geld auch wirklich für die Kleinen verwendet wird.

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