Warten auf Lafontaine
Berlin. Im nordrhein-westfälischen Wahlkampfendspurt hat Oskar Lafontaine am Freitag noch einmal richtig aufgedreht. Bei der Abschlusskundgebung der Linken in Duisburg geißelte er wortgewaltig den Kapitalismus und pries seine Partei als einzig wahre soziale Kraft im Land. Über die eigene politische Zukunft hält sich der Saarländer dagegen schon seit Monaten bedeckt
Berlin. Im nordrhein-westfälischen Wahlkampfendspurt hat Oskar Lafontaine am Freitag noch einmal richtig aufgedreht. Bei der Abschlusskundgebung der Linken in Duisburg geißelte er wortgewaltig den Kapitalismus und pries seine Partei als einzig wahre soziale Kraft im Land. Über die eigene politische Zukunft hält sich der Saarländer dagegen schon seit Monaten bedeckt. Dabei stehen die Linken auch intern vor einer Schicksalswahl. Schon in drei Wochen sollen sie auf einem Bundesparteitag ihre Führungsriege komplett neu bestimmen. Aber wegen Lafontaines Schweigen steckt man in der kuriosen Situation, dass es dafür bislang kaum Kandidaten gibt.Nicht einmal enge Vertraute wissen mit Bestimmtheit zu sagen, ob Lafontaine noch einmal den Vorsitz übernehmen will, den er im Mai 2010 wegen einer (inzwischen ausgestandenen) Krebserkrankung aufgegeben hatte. Ab Montag dürfte das Machtgerangel allerdings deutlich an Fahrt gewinnen. An diesem Tag haben die Landesvorsitzenden der Linken zu einem Treffen gebeten. Einladungen gingen auch an Lafontaine und seinen Widersacher, den ehemaligen PDS-Geschäftsführer Dietmar Bartsch. Der Ober-Realo aus dem Osten hat bislang als Einziger Anspruch auf einen der beiden Vorsitzenden-Posten erhoben. Dagegen hat sich Noch-Parteichef Klaus Ernst nicht geäußert, was wiederum mit Lafontaines Schweigen zusammenhängt. Zu seinen Gunsten würde Ernst verzichten.
Nicht verzichten will aber dem Vernehmen nach Bartsch. Und spätestens hier beginnt das Problem, sollte auch Lafontaine seinen Hut in den Ring werfen. Nach der Parteisatzung darf die Doppelspitze höchstens mit einem Mann besetzt sein. Der andere Chefposten ist einer Frau vorbehalten. Wer das sein könnte, steht aber ebenfalls noch in den Sternen. Wie es heißt, arbeiten Lafontaine und Bartsch jeweils an einem eigenen Personalpaket. Was aber offenbar schwierig ist, denn wenn der eine dem anderen unterliegt, hätte auch das Personal des Verlierers einen schweren Stand.
Kommt es nicht noch zu einem Kompromiss, steuert der Parteitag der Linken Anfang Juni auf eine Kampfkandidatur zu, mit der sich obendrein noch eine handfeste Richtungsauseinandersetzung verbindet. Während Bartsch die Linke auf eine Kooperation mit SPD und Grünen ausrichten will, fährt Lafontaine die Strategie "Wir gegen alle", bei der besonders die Sozialdemokraten das Feindbild abgeben, deren Vorsitzender er einst selbst war. vet
Foto: Rehder/dpa