Wahlsieg von ganz rechts und üble Entgleisungen

Den Haag/Brüssel. Der Rechtsruck in den Niederlanden hat begonnen. Während die Christ- und die Sozialdemokraten bei den Kommunalwahlen am Mittwoch schwere Verluste hinnehmen mussten, konnten die rechten Kräfte zum Teil erheblich zulegen

Den Haag/Brüssel. Der Rechtsruck in den Niederlanden hat begonnen. Während die Christ- und die Sozialdemokraten bei den Kommunalwahlen am Mittwoch schwere Verluste hinnehmen mussten, konnten die rechten Kräfte zum Teil erheblich zulegen. Geert Wilders (Foto: afp) heißt der eindeutige Wahlsieger, obwohl er mit seiner PVV nur in den zwei Wahlbezirken angetreten war, in denen er schon bei der Europawahl horrende Stimmenanteile einfuhr. So schaffte er es in der 187 000 Einwohner zählenden Trabantenstadt Almere bei Amsterdam auf Anhieb, die Sozialdemokraten (PvdA) als stärkste Kraft zu verdrängen. In der Hauptstadt Den Haag reichte es immerhin für Platz zwei, hinter der PvdA. Die Endergebnisse werden erst am Samstag vorliegen. Dann benennen die Wahlsieger auch die Bürgermeister, die in den Niederlanden von der Königin ihr Amt übertragen bekommen. "Wir werden stärkste Partei", jubelte der 46-jährige Blondschopf Wilders vor seinen Anhängern. Die Kommunalwahl galt als Stimmungstest angesichts einer vor zwölf Tagen geplatzten großen Koalition. Am 9. Juni müssen die Niederländer ein neues Parlament bestimmen. Bisher ist die PVV in der 150 Sitze umfassenden "Tweeten Kammer" mit neun Abgeordneten vertreten. Sollte sie ihre Erfolge vom Mittwoch auf das ganze Land ausdehnen können, würden 24 bis 27 Sitze an die Rechten gehen. Und Geert Wilders hätte plötzlich Chancen, nächster Regierungschef zu werden. Zumal er sich dann mit der VVD noch auf eine zweite rechte Partei stützen könnte, die in den Kommunen massiv zulegen konnte. Während Ministerpräsident Jan Peter Balkenende und seine christdemokratische CDA offenbar zweistellige Verluste hinnehmen mussten, feierte Wilders sich selbst und griff dabei tief in die Kiste rechter Propaganda. "Heute Almere und Den Haag, morgen die ganze Niederlande!", rief er seinen Unterstützern zu. "Wir werden die Niederlande zurückerobern", beantwortete er die "Geert"-Rufe. "Die linke Elite glaubt immer noch an Multikulti, an das Schmusen mit Verbrechern, an Entwicklungshilfe und an den europäischen Superstaat mit hohen Steuern", polemisierte er weiter. Abschreckende Wirkung?Dabei übersah der 46-jährige Jurist und gelernte Versicherungsvertreter aber geflissentlich, dass er keineswegs alle seine Ziele erreichen konnte. Unmittelbar vor dem Urnengang hatte er nämlich in beiden Wahlbezirken das Knacken der 30-Prozent-Marke vorhergesagt. In Almere blieb er bei 21,6 Prozent hängen, in Den Haag waren es noch deutlich weniger. Inzwischen schließen holländische Wahlforscher auch nicht mehr aus, dass Wilders sich mit seinem Wahlerfolg gar keinen Gefallen getan haben könnte. "Es gibt auch den anderen Effekt: Manche werden über diesen hohen Anteil erschrocken sein und im Juni anders abstimmen", heißt es in den ersten Analysen vom Tag danach. Schwer tun sich jetzt vor allem die möglichen Koalitionspartner, die Wilders auf jeden Fall für eine Regierungsbildung brauchen würde. Arbeiterpartei-Chef Wouter Bos rief die "demokratischen Parteien" gestern noch einmal auf, die PVV auf keinen Fall als Bündnispartner zu akzeptieren. Dagegen will sich der amtierende christdemokratische Ministerpräsident Balkenende alle Optionen offenhalten.

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