Wahlkampf extrem

Berlin · Wie schmutzig wird es? Die Stimmung in Teilen der Bevölkerung lässt für den kommenden Bundestagswahlkampf nichts Gutes erwarten. Die Zeit der kuscheligen Wellness-Wahlkämpfe ist vorbei.

Schon während der letzten Landtagswahlkämpfe in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern berichteten viele Wahlkämpfer von aggressiven Auseinandersetzungen, von Beleidigungen und Pöbeleien an den Info-Ständen. Die Union ist gewarnt. Im Konrad-Adenauer-Haus der CDU blickt man mit Sorge auf das, was im Bundestagswahlkampf auf die Mitglieder zukommen könnte. Erst recht, da Angela Merkel wieder als Kanzlerkandidatin ins Rennen geht.

Im nächsten Jahr betritt die Regierungschefin "Neuland" - es wird ihre erste Wahl sein, vor der sie einen extremen "Zweifrontenkampf" führen muss, wie es aus ihrem Umfeld heißt. Gegen die AfD rechts, gegen Rot-Rot-Grün links. Merkels Satz an die Bürger, "Sie kennen mich", mit dem sie 2013 im Fernseh-Duell gegen SPD-Mann Peer Steinbrück ihre Wiederwahl sicherte, zieht nicht mehr. Im Gegenteil: Sie polarisiert wie noch nie zuvor in ihrer Amtszeit. Die kuscheligen Wellness-Wahlkämpfe sind vorbei. Deshalb will die Union den Wahlkampf auf Merkel allein nicht zuschneiden, auch wenn mit ihr der Faktor "Stabilität" betont werden soll.

Um die vermeintlich Frustrierten in der Gesellschaft "abzuholen", setzt man auf traditionelle Themen beim Parteitag in Essen Anfang Dezember und danach bis zur Bundestagswahl: Ausbau der Inneren Sicherheit, stärkere Begrenzung der Zuwanderung und ganz konkret ein Verbot der Vollverschleierung, wo es rechtlich möglich ist. Solche Beschlüsse und Vorhaben sind aber nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen müssen die Mitglieder im Straßenwahlkampf für die Inhalte werben. Und für die Spitzenkandidatin Merkel. In der Union gibt man unverhohlen zu, dass das schwierig und hart werden wird. Vor allem die Jüngeren in der Partei werden im kommenden Jahr wohl zum ersten Mal erleben, wie es ist, wenn bei öffentlichen CDU-Veranstaltungen jemand lauthals "Merkel muss weg" schreit. Zuletzt gab es das bei Helmut Kohl . Oder wenn man in der Fußgängerzone übel angegangen wird, weil man für die CDU wirbt. Nicht jeden lässt das kalt. Von Ertüchtigung der Mitglieder für solche Fälle ist daher die Rede, von einer neuen internen Mobilisierungskampagne. Die Basis und die Kandidaten sollen lernen, dass es inzwischen häufig der Normalfall ist, wenn am Info-Stand die Fetzen fliegen. Dafür laufen derzeit die Vorbereitungen.

Aber die Union treibt noch mehr um - so wie die anderen Parteien auch. Gemeint ist eine mögliche Einflussnahme von außen. Und zwar über das Internet. Im US-Wahlkampf hat sich gezeigt, wie ausländische Hacker Informationen streuten oder manipulierten, die vor allem Hillary Clinton schadeten. Das könnte auch in Deutschland passieren. Deshalb wird derzeit nach einer Strategie gesucht, wie die CDU auf die ungefilterte Verbreitung von Falschnachrichten im Netz, auf "Fakes", in der heißen Phase des Wahlkampfes reagieren kann. Gleiches gilt für die sogenannten Social Bots, also für Programme, die künstlich tausende Nutzerprofile in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook erstellen und beliebig ferngesteuert massenweise Kommentare abgeben. Selbst einsetzen wollen die Parteien sie nicht. Andere wird das aber nicht abhalten, auf diese Art der Meinungsmanipulation zu setzen. Auch das sieht man in der CDU mit großer Sorge. Fazit: Der Wahlkampf 2017 wird komplett anders werden - auf der Straße und in der digitalen Welt.

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