Wahl mit vielen Fragezeichen

Paris. Sind Meinungsforscher Wahrsager? Dann steht das Ergebnis der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl fest. Dann ziehen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und der Sozialist François Hollande in die Stichwahl am 6. Mai ein; Hollande als Favorit. Die letzten Umfragen am Freitag sagten ihm einen klaren Vorsprung voraus

Paris. Sind Meinungsforscher Wahrsager? Dann steht das Ergebnis der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl fest. Dann ziehen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy und der Sozialist François Hollande in die Stichwahl am 6. Mai ein; Hollande als Favorit. Die letzten Umfragen am Freitag sagten ihm einen klaren Vorsprung voraus. Ein Trend, den der Präsident in den Wochen der Kampagne nie entscheidend umdrehen konnte, so sehr er sich auch bemühte mit Schutz-Versprechen für die Franzosen und Angriffen gegen Hollande als unverantwortlichem Wirtschafter ohne präsidiale Statur.Die Rechtspopulistin Marine Le Pen, die bei rund 16 Prozent liegt, hat Sarkozy dauerhaft ein wichtiges Wählerpotential entrissen. 2007 war es ihm mit einem auf den Themen Kaufkraft und innere Sicherheit basierenden Wahlkampf gelungen, ihren Vater Jean-Marie Le Pen vom rechtsnationalen Front National abzudrängen. Obwohl Sarkozy ihren Positionen nähersteht als Hollande, wird Le Pen für die Stichwahl vermutlich keine Wahlempfehlung für ihn abgeben.

Auf der anderen Seite des Parteienspektrums befindet sich der Linkspolitiker und selbst ernannte Revolutionär Jean-Luc Mélenchon, der mit antiliberalen und systemkritischen Reden eine überraschend starke Dynamik schuf und sich hinter Le Pen positioniert. Ein Großteil seiner Anhänger könnte bei einem Duell Sarkozy-Hollande für die Abwahl des unpopulären Präsidenten votieren. "Wenn Hollande am 6. Mai gewinnen sollte, wäre es nicht der Sieg der Linken, sondern des Anti-Sarkozysmus", analysiert das Nachrichtenmagazin "Le Point". Das macht die Frage so brisant, auf welche Seite - wenn überhaupt - sich der Zentrumspolitiker François Bayrou schlagen könnte, obwohl ihn die Umfragen nur bei zehn Prozent sehen.

Doch da Meinungsforscher keine Wahrsager sind, bleiben Überraschungen möglich. Selbst der Favorit Hollande mahnt allzu optimistische Anhänger zur Vorsicht: "Denkt an 2002!" Vor zehn Jahren zog nicht der sozialistische Kandidat Lionel Jospin in die Stichwahl gegen Jacques Chirac ein, sondern Jean-Marie Le Pen - ein traumatisches Ereignis nicht nur für die französische Linke, sondern für ganz Frankreich und von den Umfragen nicht vorhergesehen.

Die große Unbekannte bleibt die Zahl der Nichtwähler, die mit mehr als 25 Prozent ein Rekordhoch erreichen könnte. Viele hat der Wahlkampf enttäuscht, dem eine klare Linie fehlte. Die Ablehnung Sarkozys führt nicht automatisch zur Anhängerschaft Hollandes, der in seiner politischen Laufbahn immer wieder durch Entscheidungsschwäche auffiel - das prädestiniert ihn nicht für die Aufgabe, Frankreich aus der Krise zu führen. Viele Befragte erklären sich noch unentschieden, vor allem Links- und Mitte-Wähler.

Eine neue Herausforderung wird der Umgang mit den sozialen Internet-Netzwerken sein, die bereits vor Schließung der Wahllokale vorläufige Ergebnisse verbreiten könnten. Das könnte Wähler im letzten Moment beeinflussen, wird befürchtet. Die Pariser Staatsanwaltschaft droht mit hohen Strafen für die Medien, die sich nicht an das Veröffentlichungs-Verbot von Ergebnissen vor 20 Uhr halten - freilich nur für die französischen.

Meinung

Wenig Freude am Rendezvous

Von SZ-MitarbeiterinBirgit Holzer

Die Wahl ist das Rendezvous eines Mannes mit seinem Volk - Charles de Gaulle hat nicht nur diesen Satz geprägt, sondern auch Frankreichs Präsidialsystem mit einer Art allumfassendem Oberbefehlshaber an der Spitze. Das erklärt die starke Personalisierung des Wahlkampfes. Die Programme werden wie nebenbei behandelt und die Kandidaten konzentrieren sich auf Schlagworte.Was fehlt, ist ein schlüssiges Konzept, wie Frankreich seine wirtschaftlichen Probleme bekämpfen kann.

Stattdessen werden die Stile der Bewerber gegeneinander ausgespielt: Hier der anpackende, erfahrene, aber auch sprunghafte Sarkozy - dort der gesetztere, freundlichere, aber auch zögerliche Hollande. Dem einen vertrauen die Franzosen nicht mehr, dem anderen nicht genug. Das Rendezvous mit dem Oberbefehlshaber macht wenig Freude.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
CocktailsSie heißen Cosmpolitan oder Pina Colada und gehören für Barkeeper zum Tagesgeschäft. Bei der Arbeit mit dem Shaker sind Kreativität und Präzision gefragt. In Merzig haben Profis gezeigt, wie's geht - und Tipps für Hobbymixer verraten.
CocktailsSie heißen Cosmpolitan oder Pina Colada und gehören für Barkeeper zum Tagesgeschäft. Bei der Arbeit mit dem Shaker sind Kreativität und Präzision gefragt. In Merzig haben Profis gezeigt, wie's geht - und Tipps für Hobbymixer verraten.