Von der Leyen unter Dauer-Beschuss

Berlin/Saarbrücken · Die Verteidigungs- ministerin habe versagt, lautet der Vorwurf aus der Opposition. Derweil geht die Aufarbeitung im Fall Franco A. weiter. Wie viel Wehrmacht steckt noch in der Bundeswehr?

 Im Fall Franco A. bemüht sich Verteidigungsministerin von der Leyen um Schadensbegrenzung. Doch die Opposition erhebt schwere Vorwürfe. Foto: Nietfeld/dpa

Im Fall Franco A. bemüht sich Verteidigungsministerin von der Leyen um Schadensbegrenzung. Doch die Opposition erhebt schwere Vorwürfe. Foto: Nietfeld/dpa

Foto: Nietfeld/dpa

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bleibt in der Affäre um rechtsextreme Tendenzen in der Bundeswehr unter Druck. Gerade die Opposition warf ihr in einer Bundestagsdebatte gestern Versagen im Fall des Oberleutnants Franco A. vor. Von der Leyen und ihre Amtsvorgänger hätten das Problem von Rechtsextremen in den Streitkräften "jahrelang und systematisch kleingeredet", sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz, in einer von ihrer Partei beantragten aktuellen Stunde. Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf von der Leyen vor, "über Jahre weggeschaut" zu haben. An die Ministerin gerichtet fügte er hinzu: "Sie und Ihre Partei stellen ein Sicherheitsrisiko dar."

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz machte die Ministerin dann noch für einen "Vertrauensverlust" der Öffentlichkeit in die Truppe verantwortlich. Von der Leyen entziehe sich ihrer "Führungsverantwortung" und stelle stattdessen die Soldaten unter einen "Pauschalverdacht". Das sei "absolut inakzeptabel".

Nach Bekanntwerden des Skandals hatte die Verteidigungsministerin der Bundeswehr ein "Haltungsproblem" attestiert. Von der Leyen nahm gestern im Verteidigungsausschuss des Bundestages dazu Stellung. Sie hat "nochmals deutlich gemacht, dass es mir niemals um einen Generalverdacht ging, sondern um Aufklärung". Allerdings tue es ihr leid, dass sie nicht "von vornherein" klargestellt habe, dass die "ganz, ganz große Mehrheit" der Soldaten einen "hervorragenden Dienst" leiste.

Der Ende April festgenommene Franco A. hatte sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben und offenbar mit Komplizen einen rechtsmotivierten Anschlag geplant. Von der Leyen bestätigte einen Bericht des "Spiegel", dass Disziplinarverfahren gegen zwei frühere Vorgesetzte von A. eingeleitet wurden. Ihnen wird vorgeworfen, sich nicht an den Militärischen Abschirmdienst gewandt zu haben, als A. 2014 in seiner Masterarbeit mit rechtsextremem Gedankengut aufgefallen war.

Im Zuge der Aufarbeitung lässt von der Leyen auch den Umgang der Bundeswehr mit der Wehrmachtsvergangenheit überprüfen. In der Kaserne in Illkirch, wo A. stationiert war, war ein mit Wehrmachtsandenken dekorierter Freizeitraum entdeckt worden. Bei der am Dienstag abgeschlossenen Kasernen-Durchsuchung seien weitere Devotionalien gefunden worden. Keiner der Funde habe das Ausmaß der bekannten Fälle von Illkirch sowie der Fürstenberg-Kaserne in Donaueschingen, wo unter anderem Wehrmachtsstahlhelme in einer Vitrine ausgestellt waren. 41 weitere Erinnerungsstücke seien mit Wehrmachtsbezug gefunden worden. Darunter waren auch Gedenkmünzen und Bilder.

Im Saarland ist man bisher nicht fündig geworden: Wie das Landeskommando der SZ auf Anfrage mitteilte, gab es bei der hier stationierten Brigade bislang keine Hinweise auf Wehrmachtsandenken.

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Zahlreiche Fehler in Asylverfahren In der Affäre um Franco A. hat die Überprüfung von Asylverfahren Medienberichten zufolge zahlreiche Bearbeitungsfehler ergeben. Wie "Bild" und "B.Z." berichteten, fielen nach der Hälfte der geplanten 2000 Nachprüfungen in zehn bis 15 Prozent der Fälle Fehler auf. Mit den Nachuntersuchungen hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach dem Auffliegen des als syrischer Flüchtling getarnten deutschen Soldaten begonnen. Das Amt hatte Franco A. sogar eingeschränkten Flüchtlingsschutz gewährt. Es räumte die Fehlentscheidung ein.

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