Vom Verstoß gegen das Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf

Saarbrücken. Wer hätte im August 2009 geglaubt, dass eine Klage des saarländischen Obergenossen Heiko Maas die CDU in eine solche Bredouille bringen könnte? Beobachter gehen rund eine Woche vor der Landtagswahl eher von einem Wahlkampfmanöver aus, als Maas wegen der Anzeigenkampagne "Der Ministerpräsident informiert" in Gemeindeblättern den Verfassungsgerichtshof anruft

 Stein des Anstoßes: Diese Anzeige zum Tag der Deutschen Einheit hat der Saar-CDU eine Geldstrafe von rund 11 000 Euro eingebracht. Foto: SZ

Stein des Anstoßes: Diese Anzeige zum Tag der Deutschen Einheit hat der Saar-CDU eine Geldstrafe von rund 11 000 Euro eingebracht. Foto: SZ

Saarbrücken. Wer hätte im August 2009 geglaubt, dass eine Klage des saarländischen Obergenossen Heiko Maas die CDU in eine solche Bredouille bringen könnte? Beobachter gehen rund eine Woche vor der Landtagswahl eher von einem Wahlkampfmanöver aus, als Maas wegen der Anzeigenkampagne "Der Ministerpräsident informiert" in Gemeindeblättern den Verfassungsgerichtshof anruft. "Uns reicht's", so Maas damals, "die CDU führt sich auf wie eine Staatspartei." Hauptvorwurf: Die Landesregierung greife unzulässig werbend in den Wahlkampf ein. Nach SPD-Angaben soll allein diese Kampagne 65 000 Euro kosten.Die Richter weisen zwar den Antrag auf eine einstweilige Anordnung gegen die Anzeigen-Aktion zurück, doch umso größer ist die Überraschung am 1. Juli 2010: Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs verstieß die damalige CDU-Landesregierung gegen das Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und den Grundsatz der Chancengleichheit bei Wahlen. Das höchste saarländische Gericht rügt auch einen Brief von Peter Müller an die Landesbediensteten und eine Broschüre zur inneren Sicherheit.

CDU-Vizechef Klaus Meiser, selbst Jurist, gibt sich derweil gelassen: Er sieht keinen Grund, Steuergelder an die Staatskasse zurückzuzahlen. Die Verfassungsrichter hätten neue Maßstäbe gesetzt, die noch nicht in einem früheren Urteil des Gerichtshofes zum selben Thema enthalten gewesen seien.

Immer wieder werfen die Saar-Genossen dem Regierungschef den "Verfassungsbruch" vor. Landtags-Präsident Hans Ley, ein gestandener Unions-Mann, wird aufgefordert, die staatlichen Zuschüsse an die Union so lange auszusetzen, bis der finanzielle Schaden fürs Land behoben sei. Doch es geschieht nichts.

Die Maas-Mannen aber lassen nicht locker: Im August schalten sie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ein. Dieser soll prüfen, ob ein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliegt und mögliche Sanktionen erlassen. "Ein einmaliger Vorgang, dass einem Ministerpräsident Verfassungsbruch vorgeworfen wird", wettert der sozialdemokratische Landeschef. Im September lässt die Bundestagsverwaltung wissen, sie habe eine rechtliche Überprüfung von möglichen Verstößen der Saar-CDU gegen das Parteiengesetz eingeleitet.

Gestern dann - nach acht Monaten - die Entscheidung aus Berlin: Die CDU muss eine satte Strafe von rund 11 000 Euro zahlen, den dreifachen Wert der unzulässigen Anzeige. Das Geld kommt laut Parteiengesetz Einrichtungen zugute, "die mildtätigen, kirchlichen, religiösen oder wissenschaftlichen Zwecken" dienen. CDU-Generalsekretär Roland Theis spricht von "Rechtssicherheit für künftige Wahlkämpfe". Die Partei akzeptiere die Sanktion und werde ihr "umgehend Folge leisten". Genugtuung bei der Saar-SPD: Generalsekretär Reinhold Jost sieht einen "Erfolg für den Steuerzahler und einen Sieg der Verfassung". Die Union habe sich "illegal beim Steuerzahler bedient und im Wahlkampf einen rechtswidrigen Vorteil verschafft." Jost erinnert dabei an eine beim saarländischen Verfassungsgerichtshof anhängige Klage, die über die Gültigkeit der Landtagswahl 2009 entscheiden wird.

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