Vom Pferd in der Lasagne

Black-Beauty al Forno - das schmeckt", witzelt Ronald Kiesgarten. "Am besten noch mit leistungssteigernden Dopingmitteln eines Reitpferdes", meint der Kommunikationsdesigner beim Einkauf in einem Kölner Verbrauchermarkt. "Die Fleischindustrie ist schon widerwärtig geworden. Man kauft etwas, was man nicht kaufen wollte

 Leckere Lasagne? In Fertiggerichten wurde statt des angegebenen Rindfleischs Pferdefleisch entdeckt. Der deutsche Einzelhandel hat viele Produkte aus dem Verkauf genommen. Foto: Erichsen/dpa

Leckere Lasagne? In Fertiggerichten wurde statt des angegebenen Rindfleischs Pferdefleisch entdeckt. Der deutsche Einzelhandel hat viele Produkte aus dem Verkauf genommen. Foto: Erichsen/dpa

Black-Beauty al Forno - das schmeckt", witzelt Ronald Kiesgarten. "Am besten noch mit leistungssteigernden Dopingmitteln eines Reitpferdes", meint der Kommunikationsdesigner beim Einkauf in einem Kölner Verbrauchermarkt. "Die Fleischindustrie ist schon widerwärtig geworden. Man kauft etwas, was man nicht kaufen wollte."

Im Dickicht immer neuer Nachrichten über Pferdefleisch-Funde in Supermarkt-Fertiggerichten bleiben indes viele Fragen unbeantwortet. Die vielleicht wichtigste: Wo sitzen eigentlich jene, die kriminell gehandelt haben? Pferdefleisch wird zumindest in manchen Regionen Mittel- und Südeuropas gern gegessen. Die Falschdeklaration von Lebensmitteln dagegen bedeutet einen klaren Verstoß gegen Vorschriften. Behörden und Politik glauben an "kriminelle Machenschaften", wie der britische Umweltminister Owen Paterson es jüngst nannte. Sie tappen bei der Suche nach den Übeltätern bisher weitgehend im Dunkeln - oder geben zumindest ihre Erkenntnisse nicht preis.

24 000 Pferde beim Metzger

Tatsache ist, dass in den vergangenen Jahren europaweit deutlich mehr Pferde für die Produktion von Nahrungsmitteln getötet wurden als noch ein paar Jahre zuvor. Allein in Irland, wo das Pferd für viele ein Statussymbol ist, endete 2012 für 24 000 Pferde das Leben beim Metzger, wie das Landwirtschaftsministerium in Dublin mitteilte. Drei Jahre zuvor waren es nur 3000 Tiere. In Großbritannien stieg die Zahl im selben Zeitraum von 3000 auf 9000 Schlachtpferde. Rund 300 Euro bekommt ein Ire, wenn er sein Pferd schlachten lässt. 300 Euro muss er zahlen, wenn er es vom Tierarzt einschläfern lässt. Die Finanzkrise auf der grünen Insel hat sicher das Problem verschärft und möglicherweise viele Iren zum Verkauf getrieben.

Die einschlägigen Verbände hüllen sich in Schweigen - auch in Großbritannien. "Ich habe keine Ahnung", gibt Peter Hardwick von der britischen Organisation der Rind- und Lammfleischproduzenten (Eblex) offen zu. Ein möglicher Grund könnte sein, dass die Rinderpreise anhaltend hoch sind und der weltweite Bedarf kaum noch gedeckt werden kann. Rindfleisch kostet etwa fünfmal so viel wie Pferdefleisch.

Doch was passiert mit all den geschlachteten Pferden? Als sicher gilt, dass das Fleisch fast ausschließlich in den Export etwa nach Frankreich oder Italien geht - mangels Abnehmern in den pferdeverrückten Ländern Irland und Großbritannien.

Unangenehmer Nebeneffekt: Wenn die Schlachtung von Pferden eigentlich unüblich ist, gibt es auch weniger Regeln dafür. Zwar werden Pferde laut EU-Verordnung tierärztlich für die Fleischverwertung gesperrt, wenn bestimmte Medikamente verwendet werden. Die Einhaltung dieser Vorschrift scheint aber kaum überprüft zu werden. So musste der britische Agrarminister David Heath gestern zugeben, dass Fleisch mit dem für Menschen verbotenen Rheumamittel Phenylbutazon aus Großbritannien nach Frankreich verkauft wurde und vermutlich in die Nahrungskette gelangte.

In Deutschland hat der Einzelhandel inzwischen reagiert. Real rief "Tip Lasagne Bolognese" zurück. Edeka teilte gestern mit, in Stichproben seiner Eigenmarke "Gut & Günstig" seien "geringe Pferdefleisch-Anteile" gefunden worden. Man habe die Lasagne bereits am Dienstag vorsorglich aus den Regalen genommen. Rewe hat unterdessen den Verkauf der Produkte "Mou Lasagne Bolognese" und "Mou Canneloni Bolognese" der Marke Tulip gestoppt. Kaiser's Tengelmann nahm bereits vergangene Woche die Lasagne A&P vorsorglich aus dem Verkauf. Auch Eismann stoppte präventiv den Verkauf seiner Lasagne-Produkten. Verbraucher, die noch entsprechende Produkte in ihrer Gefriertruhe haben, sollten vorsorglich auf den Verzehr verzichten und sie ins Geschäft zurückbringen, raten Verbraucherschützer.

Unterdessen steht für den französischen Minister für Verbraucherschutz, Benoît Hamon, der Schuldige fest: Der französische Lebensmittelhändler Spanghero habe wissentlich als Rind gekennzeichnetes Pferdefleisch vertrieben. Hamon kündigte die "Säuberung der Branche" an.

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