Ferienbeginn Vom ewigen Fluch des Staus

Saarbrücken · Im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Hessen endet heute das Schuljahr. Der ADAC rechnet mit Verkehrsbehinderungen. Stoische Ruhe ist gefragt.

 Ein solches Bild sieht kein Autofahrer gern (Symbolbild).

Ein solches Bild sieht kein Autofahrer gern (Symbolbild).

Foto: dpa/Jürgen Mahnke

Es gibt nur wenig im Alltag, das wir ähnlich fürchten und in das wir uns dennoch so schicksalsergeben dreinfinden wie – den Stau. Der Fluch hat fast schon etwas Biblisches: Die Schlange verleidet uns das Paradies. Und dennoch wollen wir unbedingt dorthin. Mit jedem Ferienbeginn begeben wir uns in eine Blechkarawane, wohl wissend, dass der Stop-and-Go-Verkehr unsere Urlaubslaune verdirbt. Zur Hauptreisezeit wälzt sich laut ­ADAC-Messung eine Blechlawine von insgesamt 13 850 Kilometern Länge die deutschen Autobahnen entlang.

Ab heute ist es wieder soweit: Im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Hessen beginnen die Schulferien. Der ADAC warnt deshalb vor Verkehrsbehinderungen. Weniger im Saarland direkt. Hier rechnen weder ­ADAC-Sprecherin Ann-Iren Ossenbrink noch Klaus Kosok vom Landesbetrieb für Straßenbau mit größeren Problemen. Anders sieht das schon im benachbarten Rheinland-Pfalz aus: Der ADAC warnt auf seiner Internetseite vor Staus auf der A 6 ab Kaiserslautern. Laut Sprecherin Monika Gaß ist vor allem die dortige Baustelle ein neu­ralgischer Punkt. Allerdings dürften die Verzögerungen dort ihrer Prognose nach nicht allzu dramatisch werden.

Mit deutlich größeren Problemen rechnet Gaß dagegen unmittelbar hinter der Grenze zu Baden-Württemberg: „Das Autobahndreieck Karlsruhe ist ein Nadelöhr.“ Verschärft werden die Probleme durch eine Großbaustelle auf der A 5 bei Rastatt. Wer etwa vom Saarland kommend über die B 10 Richtung Süddeutschland fährt, sollte also im Raum Karlsruhe viel Geduld und starke Nerven mitbringen. „Früh losfahren und genügend Zeit einrechnen“, rät Gaß.

Fehlende Geduld macht das Verkehrschaos übrigens nur noch schlimmer. Denn das hohe Verkehrsaufkommen ist nicht alleiniger Stauverursacher, sondern auch menschliches Versagen. Bekannt ist das schon seit 1992, als die Physiker Michael Schreckenberger und Kai Nagel in Köln den Schmetterlings-Effekt entdeckten. Sie wiesen nach, dass gerade mal 50 Prozent der Verkehrsstaus durch Hindernisse wie Baustellen, Unfälle oder Pannen entstehen. Die anderen 50 Prozent verursacht das Verhalten der Fahrer. Sobald sich eine Lücke zum Vordermann auftut, drücken sie aufs Gas, um den Abstand zu verringern, und bremsen kurz darauf wieder.

Dabei müsste ihnen von der „Grünen-Welle“-Ampelschaltung klar sein, dass nur bei gleichbleibender Fahrgeschwindigkeit die Signalanlage nicht auf Rot umschaltet. Mit jedem weiteren Wagen in der Schlange potenziert sich die Wartezeit. Zu dichtes Auffahren, abruptes Abbremsen, Spurwechsel und Kolonnenspringen sowie das An- und Abschalten des Motors bei Stillstand verdichten sich nach dem Prinzip der Selbstverstärkung zu immer längeren Verzögerungen. Grundsätzlich gilt: Jeder Stau entspringt einem Kapazitätsproblem. Eine Straße ist ausgelastet, wenn sich 1500 bis 2500 Fahrzeuge pro Stunde und Spur mit 80 bis 100 Kilometern bewegen. Schnelleres oder langsameres Fahren verringert die Kapazität.

Ebenso wenig bringt es etwas, den Stau zu umfahren: Wenn nur jeder zehnte Wagen bei Stau die Autobahn verlässt, staut es sich auf der Entlastungsstraße. Verkehrswirtschaftler Martin Randelhoff hält fest: „Am schnellsten kommt voran, wer stur auf der Autobahn bleibt und sich dem Fahrfluss anpasst.“ Stoiker nennt der Forscher diese Gruppe.

Stoische Ruhe ist ab heute auch auf allen Fernstraßen in Richtung Nord- und Ostsee angebracht. Denn auch hier warnt der ADAC vor Staus. Urlauber aus dem Saarland dürften vor allem von den prognostizierten Verkehrsbehinderungen auf der A 1 ab Köln betroffen sein.

Und wer lieber fliegt, statt sich im Stau zu ärgern? Auch der muss Geduld mitbringen: Der Frankfurter Flughafen etwa rechnet allein heute mit 200 000 Passagieren. Vor allem wegen möglicher langer Wartezeiten an den Personenkontrollen rät Betreiber Fraport den Urlaubern, bereits drei Stunden vor ihrem Abflug am Flughafen zu erscheinen.

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