„Vielleicht ist zu viel Testosteron im Spiel“

Nach der heftigen Kritik aus den eigenen Reihen an CSU-Chef Horst Seehofer warnt Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ihre Partei davor, jetzt eine Personaldebatte zu führen. Im Gespräch mit SZ-Korrespondent Hagen Strauß erteilt sie zugleich einer Koalition mit der AfD eine Absage.

Frau Hasselfeldt, funktioniert Horst Seehofers Prinzip der Unterwerfung in der CSU nicht mehr?

Hasselfeldt: Ich habe dieses Prinzip an mir nie gespürt. Festzuhalten bleibt: Die CSU hat mit Horst Seehofer an der Spitze zuletzt große Erfolge eingefahren. Wir haben die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl wieder gewonnen und bei der Bundestagswahl ein super Ergebnis geholt. Das war eine Gemeinschaftsleistung, ist aber auch auf den Parteivorsitzenden zurückzuführen. Das wird gelegentlich vergessen.

Aber die Attacken von Ex-Parteichef Huber sagen doch auch etwas über den Zustand der CSU aus.

Hasselfeldt: Wir haben jetzt keine Personaldebatte zu führen, sondern wir müssen die Gründe genau analysieren, warum wir bei der Europawahl solche Verluste hinnehmen mussten. Richtig ist, dass der Spagat zwischen proeuropäischem Kurs und scharfer Europakritik zu weit war. Manche Wähler wussten nicht, ob wir auf der europakritischen oder der europafreundlichen Seite unterwegs gewesen sind. Das hatte natürlich auch Folgen für die Mobilisierung.

Wie bewerten Sie denn Seehofers Umgang mit seinem Personal?

Hasselfeldt: Ich habe in meinem langen politischen Leben schon mit schwierigeren Männern zu tun gehabt. Manchmal ist vielleicht zu viel Testosteron im Spiel, aber ich finde, dass sein Umgang mit anderen medial etwas überspitzt dargestellt wird.

Das Thema Nachfolge ist jedoch auf der Tagesordnung. Wie muss der Übergang gestaltet werden?

Hasselfeldt: Die Legislaturperiode in Berlin hat erst begonnen, im bayerischen Landtag dauert sie sogar noch ein Jahr länger. Aus meiner Sicht eilt es nicht, Personalfragen zu klären. Eine Personaldebatte steht jetzt nicht an.

Eine andere Baustelle ist derzeit das Verhältnis der Union zur AfD. Was ist Ihre Devise?

Hasselfeldt: Wir müssen die Wähler dieser Partei ernst nehmen. Ein Teil des Zuspruchs ist sicherlich dem Protest geschuldet, ein anderer überlegt und begründet. Deswegen gilt es, sich inhaltlich mit der AfD auseinanderzusetzen. Überbewerten sollte man sie aber auch nicht: Ich erinnere nur an die Piraten, die vor nicht allzu langer Zeit ähnlich erfolgreich gewesen sind, dann aber abgestürzt sind.

Eine Koalition kommt für Sie nicht infrage?

Hasselfeldt: Die Frage stellt sich nicht. Ich sehe auch keine Gemeinsamkeiten, die eine Zusammenarbeit rechtfertigen würden. Bisher ist doch völlig unklar, was die AfD außer einem Sammelbecken für Enttäuschte und Frustrierte überhaupt ist. Die AfD muss zeigen, wofür sie überhaupt steht.

Im Wahlkampf war die CSU ähnlich europakritisch - das wäre so eine Gemeinsamkeit.

Hasselfeldt: Wenn man das Programm der CSU und die konstruktive Arbeit der CSU für Europa in den letzten Jahrzehnten betrachtet, kommt man zu einem völlig anderen Ergebnis. In den zentralen Fragen unterscheiden wir uns diametral von der AfD.

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