Viele Deutsche arbeiten länger als vereinbart

Berlin · Überstunden sind einer Studie des DGB zufolge für mehr als die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer die Regel. Nur ein Teil der zusätzlichen Arbeit wird allerdings bezahlt.

Die vertraglich geregelte Arbeitszeit hat mit der Realität in deutschen Unternehmen oft wenig zu tun. Das geht aus einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor. Danach halten sich 62 Prozent der Arbeitgeber nicht an die vereinbarte Arbeitszeit. 59 Prozent der vom DGB befragten Arbeitnehmer gaben an, sie müssten länger arbeiten. In nur drei Prozent der Fälle war die Arbeitszeit kürzer als festgelegt.

Der Untersuchung zufolge arbeitet knapp jeder Dritte, der Überstunden schieben muss, bis zu fünf Wochenstunden länger. 15 Prozent bleiben zwischen sechs und zehn Stunden länger, neun Prozent mehr als zehn Stunden. Die meisten Überstunden gibt es in den Branchen Information, Kommunikation, Energie und Entsorgung. Nur ein Teil der Überstunden wird bezahlt oder abgefeiert.

Von den Beschäftigten, die länger als vereinbart arbeiten, sagten 24 Prozent, sie leisteten "sehr häufig" unbezahlte Arbeit. 26 Prozent tun dies gelegentlich. Auf die Frage des DGB, ob das Einkommen in einem vernünftigen Verhältnis zur Leistung stehe, antwortete fast jeder Zweite mit Nein. Insgesamt zeigt sich: Viele Männer mit langen Arbeitszeiten würden gerne kürzertreten. Die meisten Frauen mit Teilzeit-Jobs hätten dagegen gerne eine höhere Stundenzahl im Vertrag stehen.

Für die DGB-Studie "Gute Arbeit" wurden 5800 Beschäftigte befragt. Jeder Vierte gab an, dass er sich "sehr häufig" gehetzt fühlt oder unter Zeitdruck steht. Bei 31 Prozent kommt das "oft" vor. Etwa jeder Fünfte sprach von "sehr häufig" geäußerten Erwartungen des Vorgesetzten, in der Freizeit per E-Mail oder Telefon erreichbar zu sein. Diese Arbeit wird jedoch "zu einem beträchtlichen Teil" nicht honoriert.

DGB-Chef Reiner Hoffmann forderte angesichts dieser Zahlen abermals eine Anti-Stress-Verordnung. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) hat dazu Kriterien angekündigt. Derzeit gebe es aber noch "erhebliche fachliche Unsicherheit".

Trotz aller Belastungen identifizieren sich laut DGB 87 Prozent der Befragten in "hohem" oder "sehr hohem" Maße mit ihrer Arbeit. Hoffmann sieht darin einen Wettbewerbsvorteil für die deutsche Wirtschaft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort