Viel Pomp und Tränen

Klagenfurt. Mit viel Pomp und Tränen hat Österreich am Samstag Abschied von seinem wohl schillerndsten Politiker genommen. "Mei schad', dass der Jörg das nicht mehr erleben konnte", waren sich viele Klagenfurter einig

Klagenfurt. Mit viel Pomp und Tränen hat Österreich am Samstag Abschied von seinem wohl schillerndsten Politiker genommen. "Mei schad', dass der Jörg das nicht mehr erleben konnte", waren sich viele Klagenfurter einig. Denn dem stets braun gebrannten Rechtspopulisten Haider, der sich gerne wie ein Popstar feiern ließ, hätte die Verehrung und große Trauer um seine Person sicher gefallen. Rund 25000 Menschen reisten aus allen Landesteilen nach Klagenfurt, um dem Kärntner Landeshauptmann die "letzte Ehre" zu erweisen. Sein durch Alkohol und Raserei selbst verschuldeter Unfalltod spielte dabei genauso wenig eine Rolle wie Haiders Fremdenfeindlichkeit und seine teils rechtsextremen Äußerungen. Bei strahlendem Sonnenschein wartet die Kindergärtnerin Karin Zlöbl aus dem Kärntner Mölltal vor dem Rathaus auf die Ankunft des mit hunderten roten Rosen geschmückten Sarges. Die Frau im blauen Dirndl ist in Tränen aufgelöst, hält sich immer wieder ihr Taschentuch vors Gesicht. "Er hat Kärnten zu dem gemacht, was es heute ist - was war Kärnten denn schon vorher", sagt sie. "Immer bei den Leuten" sei der Landesvater gewesen, immer für alle da, wie er das zeitlich geschafft habe - "ein Wunder". Als ihr Sohn einmal um seine Lehrstelle bangen musste, habe sie Haider einen Brief geschrieben. Der Landeshauptmann habe sofort angerufen und persönlich alles in drei Tagen geregelt, berichtet sie stockend. "Jeder hier hat ihn gekannt, jeder hatte schon mal ein Schnapsl mit ihm getrunken." Während Haider im Ausland und im Rest Österreichs wegen seiner rechten Äußerungen umstritten war, galt er in seinem Bundesland Kärnten als äußerst beliebt. Nach seinem Tod vor einer Woche wurde er fast wie ein Heiliger verehrt. Psychologen und Politologen erklären die Massenbegeisterung für Haider unter anderem mit persönlichem Talent, seiner authentischen Ausstrahlung und der Suche des ethnisch gemischten Kärntens nach einer Identifikationsfigur. "Er war unser Schutzengel", sagt die Kärntnerin Gertrude Naber-Ehrlich bei der Trauerfeier. Schützen sollte er die Kärntner unter anderem vor dem angrenzenden Slowenien, ist sich die ganz in Schwarz gekleidete Dame sicher. Auf dem Platz vor ihr haben sich Weltkriegsveteranen aus ganz Österreich aufgestellt, daneben recken rechte Burschenschaftler ihre Degen in die Höhe. Zur Ausländerpolitik Haiders wollen viele Trauernde keinen Kommentar abgeben. "In anderen Ländern heißt es entweder anpassen oder ausse (raus) vom Land", sagt der 26-jährige Georg Freithofnig im braunen Kärntneranzug. Nur wenn Österreich und Deutschland das machten, gelte es als rassistisch. In einer Gasse abseits vom Geschehen hält sich der 24-jährige Klagenfurter Manuel - er will mit dem Pomp um Haider nichts zu tun haben. "Das ist wie in einer Soap-Opera (Seifenoper), die Leute weinen doch mehr wegen sich selbst", sagt der Werber, der seinen Nachnamen nicht nennen will. Haider habe den Menschen lediglich etwas vorgemacht und sich geschickt verkauft. "Da ist halt immer viel Show dabei gewesen, deshalb kann man schwer abschätzen, was er wirklich geleistet hat", sagt er. Österreich sei ja schon im Vergleich zum Rest der Welt recht isoliert und konservativ, in Kärnten sei das noch schlimmer. In der Kulturpolitik habe Haider beispielsweise nur Alpenchöre unterstützt, dafür dem Stadttheater und den Kunstgalerien die Etats gekürzt. "Das hat hier niemanden gestört."

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