Israel-Besuch von Gabriel Versuch einer Rückkehr zur diplomatischen Normalität

Jerusalem · Seine letzte Israel-Reise im April 2017 endete mit einem Eklat. Diesmal wurde Außenminister Gabriel von Ministerpräsident Netanjahu empfangen.

Diesmal hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Zeit für Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD): Am gestrigen Morgen empfing der Regierungschef den Gast in seinem Amtssitz in Jerusalem zu einem immerhin 40-minütigen Vier-Augen-Gespräch. Das war im April vergangenen Jahres noch anders – damals endete Gabriels Israel-Reise in einem Eklat.

Der Grund war damals, dass sich der deutsche Gast in Israel auch mit Vertretern der Nichtregierungsorganisationen Breaking The Silence und B‘Tselem getroffen hatte, die als scharfe Kritiker der Netanjahu-Regierung sowie der israelischen Siedlungspolitik und des Umgangs mit den Palästinensern insgesamt auftreten. Netanjahu verlangte, dieses Gespräch abzusagen – als Gabriel sich weigerte, stand er für eine Begegnung nicht mehr zur Verfügung.

Insofern hat Gabriels gestriger Routinebesuch trotz seiner kurzen Dauer von weniger als einem Tag besondere Bedeutung: Es ging um die Rückkehr zur diplomatischen Normalität. „Es ist immer ein Vergnügen, ein Mitglied der deutschen Regierung zu treffen“, sagte Netanjahu nun freundlich. Der Streit wurde zumindest nach außen nicht erwähnt. „Wir haben darüber nicht mehr gesprochen“, sagte Gabriel.

Näher gekommen sind sich die beiden aber wohl nicht. Einigkeit herrschte in erster Linie in der gemeinsamen Kritik iranischen Expansionsstrebens. Für die von Gabriel erneut beworbene Zwei-Staaten-Lösung von Israelis und Palästinensern hat Netanjahu aber nur wenig übrig. Er stellte stattdessen „die militärische Sicherheit Israels“ in den Vordergrund.

Das Gespräch sei „stark außenpolitisch geprägt“ gewesen, sagte Gabriel nach dem Treffen mit Netanjahu. So zeigt die Bundesregierung durchaus Verständnis für israelische Sorgen aufgrund des syrischen Bürgerkriegs und in Verbindung damit des wachsenden Einflusses von Israels Erzfeind Iran und der mit ihm verbündeten Hisbollah-Miliz.

Gleichzeitig gibt es auf deutscher Seite große Bedenken wegen der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Diese erzürnt vor allem die Palästinenser, die darin einen Schritt zur Anerkennung der israelischen Annektion Ost-Jerusalems durch die USA sehen. Genug Gesprächsstoff also auch für Gabriels zweiten politischen Termin, das Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah. Dieser dankte Gabriel ausdrücklich dafür, dass sich Deutschland auch auf UN-Ebene klar gegen die US-Entscheidung gestellt hat.

Auch Gabriel wurde in Ramallah deutlicher: „Wir sehen keine Alternative dazu, dass der Status von Jerusalem von Israelis und Palästinensern verhandelt werden muss“, stellte er klar. Er dankte Abbas ausdrücklich dafür, dass sich die Palästinenser weiter dem Friedensprozess verpflichtet fühlten – ein klarer Seitenhieb auf Netanjahu.

Offizieller Anlass von Gabriels Besuch war eine Rede des Außenministers beim israelischen Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv. Dort äußerte sich Gabriel besorgt über die deutliche Ablehnung einer Zwei-Staaten-Lösung durch Teile der israelischen Regierung. „Diese – bestenfalls – gemischten Signale bleiben nicht unbemerkt in Europa, wo es eine deutlich wachsende Frustration gegenüber Israels Handlungen gibt“, sagte er laut Redemanuskript bei der gestrigen Konferenz.

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