Verstimmung beim Freundschaftsprojekt

Paris · Eine Ausstellung mit Werken deutscher Maler zeigt der Louvre im Rahmen des Jubiläumsjahres für den Elysée-Vertrag, bei dem es ja um Freundschaft geht. Doch aus Deutschland kommt Kritik – die Franzosen sind irritiert.

Völlig harmonisches Einverständnis bei einem gemeinsamen Kulturprojekt hätte wohl überrascht zwischen Deutschland und Frankreich, diesen beiden ungleichen Nachbarn. Das Wechselspiel aus Ver- und Misstrauen bleibt auch im Jubiläumsjahr des Elysée-Vertrages als dem formellen Startschuss der deutsch-französischen Aussöhnung bestehen. Und doch erstaunt die Heftigkeit der Auseinandersetzung über die Ausstellung "Über Deutschland, 1800-1939 - Von Friedrich bis Beckmann", die der Louvre aus diesem Anlass zeigt, auf Initiative des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris hin und unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident François Hollande.

Nach dem zunächst positiven Echo wurde in einigen deutschen Medien scharfe Kritik an der Konzeption laut, die der Kunsthistoriker Andreas Beyer noch nährte: Das Forum für Kunstgeschichte habe sich als Material-Lieferant und nicht ausreichend miteinbezogen gefühlt, klagte er. Betroffen weist der scheidende Direktor des Louvre, Henri Loyrette, den Vorwurf zurück, deutsche Kunst und Kultur sollten dargestellt werden als "schon immer auf Katastrophe und Krieg programmiert". Es handele sich um den Versuch, dem Publikum den Reichtum, die Vielfalt und Kreativität der deutschen Malerei von 1800 bis 1939 näherzubringen. Die Zeitung "Le Monde" stellt das Verdienst heraus, den Franzosen überhaupt zu zeigen, dass es interessante deutsche Maler gebe. Ob der ambitionierte Versuch gelingt, die Suche einer politischen Nationenwerdung Deutschlands anhand der ausgewählten Werke zu illustrieren, sei dahingestellt. Dass es sich bei den rund 200 Exponaten um herausragende Werke handelt, gilt als unbestritten - vom Tischbein-Porträt von Goethe in der Campagna über die Serie rauer Natur-Landschaften von Caspar David Friedrich und Adolph Menzels Eisenwalzwerk bis hin zu Zeichnungen von Paul Klee und Gemälden von Max Beckmann.

Was den Kunstkritikern missfällt, ist die schematische Einteilung in eine apollinische und eine dionysische Richtung: hier die Nazarener mit ihren idealisierenden italienischen Sehnsuchtslandschaften, dort die entfesselte Rauschhaftigkeit beispielsweise beim animalischen "Kampf ums Weib" von Franz von Stuck. Der düster-schwere Gesamteindruck dieser Schau, verstärkt durch die Dominanz bedrohlicher Naturansichten und den späteren von Kriegselend überschatteten Gemälden, während Werke aus dem Expressionismus, der Bauhaus-Zeit oder auch von weiblichen Künstlern fast komplett fehlen, erscheint vielen Beobachtern als bewusstes Vorzeichnen des unvermeidlichen Weges in die Gräuel der Nazi-Zeit.

Handelt es sich um berechtigte Kritikpunkte oder die überempfindliche Reaktion deutscher Kommentatoren, die die Deutungshoheit über die Kunstgeschichte ihres Landes nicht anderen überlassen wollen und dem Louvre zu Unrecht klischee-belastete Hintergedanken unterstellen? In Frankreich hat die gereizte Reaktion deutscher Kritiker überrascht. Mit rund 3400 Besuchern täglich gehört die Deutschland-Schau zurzeit zu den erfolgreichsten Pariser Ausstellungen. Die Polemik wird ihr Übriges dazutun.

Die Ausstellung "De l'Allemagne, 1800-1939 - Von Friedrich bis Beckmann" ist bis 24. Juni im Louvre zu sehen, Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 18 Uhr, Mittwoch und Freitag bis 21.45 Uhr. Dienstag geschlossen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort