Verordnetes Schweigen über Müllers Wechsel

Das wird "die Woche der Entscheidungen", sagt ein routinierter CDU-Landespolitiker. Seinen Namen will er - wie andere auch - nicht in der Zeitung lesen, weil eigentlich Schweigen angesagt ist

 Wer soll Peter Müller in seinen Ämtern beerben? Er selbst liebäugelt mit Annegret Kramp-Karrenbauer, doch auch Stephan Toscani (links) zeigt Interesse an einer Beförderung. Fotos: Becker & Bredel/Lorenz

Wer soll Peter Müller in seinen Ämtern beerben? Er selbst liebäugelt mit Annegret Kramp-Karrenbauer, doch auch Stephan Toscani (links) zeigt Interesse an einer Beförderung. Fotos: Becker & Bredel/Lorenz

Das wird "die Woche der Entscheidungen", sagt ein routinierter CDU-Landespolitiker. Seinen Namen will er - wie andere auch - nicht in der Zeitung lesen, weil eigentlich Schweigen angesagt ist. Immerhin hat der amtierende Parteichef und Ministerpräsident Peter Müller (55) die Parole ausgegeben: "Es gibt derzeit keinen Entscheidungsbedarf!" Das mag die subjektive Sicht Müllers sein. Seine Weggefährten sind durchaus anderer Meinung, sagen es aber nicht laut, weil der Chef, um dessen Nachfolge es geht, den Fahrplan bestimmt.

Dass im Dezember in Karlsruhe dem Juristen Peter Müller die rote Robe eines Bundesverfassungsrichters überreicht werden wird, gilt längst als sichere Sache. Parteiübergreifend wurde die Personalie für das höchste deutsche Gericht bereits vor dem Jahreswechsel hinter den Berliner Kulissen durchgewunken. CDU-Verhandlungsführer war der Saarländer Peter Altmaier, erster parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion und einflussreicher Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel. SPD-Chef Sigmar Gabriel und Jens Böhrnsen, SPD-Bürgermeister in Bremen, sowie Ex-Justizministerin Brigitte Zypries signalisierten demnach ebenso ihre Zustimmung wie die Grünen-Spitze. Saar-SPD-Chef Heiko Maas hat kein Veto eingelegt.

Es entspricht den Gepflogenheiten, dass kein direkter Wechsel ohne Auszeit aus der aktiven Politik auf den Karlsruher Richterstuhl möglich ist. Die Wahl des Nachfolgers von Verfassungsrichter Udo di Fabio, der zum Jahresende ausscheiden wird, ist nach derzeitigem Stand für September im Bundesrat geplant.

Intern hat Müller bereits im kleinen Kreis seinen Abschied angekündigt. Aus seinem Umfeld ist zu hören, dass der Regierungschef auf jeden Fall einen öffentlichen Zweikampf um die Nachfolge nach dem Vorbild der FDP Saar verhindern will. Müller wünscht sich wohl seine Superministerin (Soziales, Arbeit, Frauen, Familie, Prävention und Sport) Annegret Kramp-Karrenbauer (48) als künftige Partei- und Regierungschefin.

Nachdem Fraktionschef Klaus Meiser (56) erklärt hat, bleiben zu wollen, was er ist, nämlich der starke Mann an den Schnittstellen der schwierigen Jamaika-Koalition, hat zumindest intern Innenminister Stephan Toscani (43) Interesse an der Beförderung zum Regierungschef angemeldet. Eine offizielle Bewerbung kann es ja noch nicht geben, weil Müller bislang nicht laut gesagt hat, dass er gehen wird. Eine Erklärung Müllers wird aber in dieser Woche erwartet: Am Samstag, 22. Januar, gehen CDU-Landtagsfraktion, Landesvorstand und die Kreischefs in einem Hotel in Müllers Heimatort Eppelborn in Klausur. Unter dem Tagesordnungspunkt "Bericht des Landesvorsitzenden", so wird spekuliert, werde der Parteichef die Katze aus dem Sack lassen und gleich einen Vorschlag für die Nachfolge präsentieren.

Schon heute ist Müller als Moderator gefordert. Nach der routinemäßigen Fraktionssitzung ist ein Konsensgespräch angesagt. Nachdem der Ministerpräsident letzte Woche bereits intensive Einzelgespräche mit Kramp-Karrenbauer und Toscani geführt hat, soll heute in der Staatskanzlei gemeinsam eine Lösung gefunden werden.

Toscani hat zwischenzeitlich die Stimmung unter den knapp 20 000 CDU-Mitgliedern sondieren lassen. Seine Gesandten überbringen die Botschaft, dass das Parteivolk mit ihm sehr zufrieden ist, Bestnoten für den Job des Innenministers vergibt. Dann kommt das kleine Aber: In der Bilanz steht Kramp-Karrenbauer besser da, weil sie in Berlin besser verankert ist, eine zehnjährige Regierungszeit in drei schwierigen Ministerien als Referenz hat und in der Beliebtheitsskala ganz oben rangiert. Toscani wird unter diesen Vorzeichen eine Zeit raubende Mitgliederbefragung kaum riskieren wollen. Es gibt Hinweise, dass er in dem Dreier-Gespräch seine Vorstellungen von einer inhaltlichen und personellen Erneuerung der CDU Saar nach elf Regierungsjahren präsentieren will. Unter dem Strich kann dies nur bedeuten: "Mehr Köpfe aus der Generation 30 plus" in Regierungsverantwortung. Kramp-Karrenbauer, die dann im Mai zur Parteichefin und im Juni oder August zur Ministerpräsidentin gekürt würde, müsste Zusagen machen, wer für die CDU künftig im Kabinett sitzen wird. Diskutiert wird nicht nur über ihre Nachfolge als Sozialministerin. Von Kulturminister Karl Rauber (58), dem politischen Ziehvater Kramp-Karrenbauers ("Raubers Mädchen"), ist bekannt, dass er damit kokettiert, gehen zu wollen. Darüber reden wollte er am Wochenende aber nicht. Bei der CDU ist eben in der Woche der Entscheidungen das große Schweigen angesagt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort