Verkehrs-Chaos, leere Einkaufsregale, Tote in Kliniken

Karlsruhe. Seit dem Wochenende sind aus unterschiedlichen Gründen nur noch vier von 17 deutschen Atomreaktoren am Netz. Ein flächendeckender Stromausfall droht damit zwar nicht unmittelbar. Für die Bundesnetzagentur ist er aber immerhin so vorstellbar, dass sie "die Situation für angespannt, aber noch beherrschbar" hält

 Nur vier der 17 Reaktoren sind derzeit am Netz. Foto: dpa

Nur vier der 17 Reaktoren sind derzeit am Netz. Foto: dpa

Karlsruhe. Seit dem Wochenende sind aus unterschiedlichen Gründen nur noch vier von 17 deutschen Atomreaktoren am Netz. Ein flächendeckender Stromausfall droht damit zwar nicht unmittelbar. Für die Bundesnetzagentur ist er aber immerhin so vorstellbar, dass sie "die Situation für angespannt, aber noch beherrschbar" hält. Wie gefährdet und verletzbar unsere in allen Lebensbereichen auf Strom angewiesene Gesellschaft bei einem anhaltenden Blackout ist, beschreibt ein Bundestagsbericht von Ende April. Dessen Fazit ist mehr als drastisch.Der Ausschuss für Technikfolgenabschätzung unterstellt das denkbare Szenario eines zweiwöchigen und auf das Gebiet mehrerer Bundesländer übergreifenden Stromausfalls. Verursacht werden könnte er allerdings weniger durch die kontrollierte Abschaltung von Atomkraftwerken als etwa durch Extremwetter-Ereignisse oder einen Terrorangriff auf mehrere Kraftwerke. Dabei müssten nicht einmal die Kraftwerke selbst, sondern nur gleichzeitig die im Außenbereich liegenden Hochspannungstransformatoren zerstört werden. Wie in einer Kaskade würden dann großflächig weitere Kraftwerke ausfallen.

Abrupt spürbar wäre solch ein Blackout zunächst in allen Bereichen der Telekommunikation und Informationstechnik. Radio- und TV-Sender könnten mit Notstromaggregaten zwar noch eine Zeit lang senden. Doch ohne Strom in den Wohnungen laufen TV-Geräte und Computer fürs Internet nicht und ohne Batterien auch kein Radio, über das Behörden die Bevölkerung dann informieren würden. Die Festnetztelefone wären ebenfalls sofort tot, und auch Handys funktionierten bald nicht mehr, da Netze überlastet wären.

Besonders groß wäre das Chaos in den Großstädten. Ohne Ampeln bräche der Straßenverkehr dort zusammen. Der mit Strom betriebene öffentliche Nahverkehr käme abrupt zum Stillstand. Bei anhaltendem Stromausfall blieben auch immer mehr Autos liegen, weil die Elektropumpen der Zapfsäulen an den Tankstellen nicht mehr arbeiten.

Aus dem Wasserhahn in den eigenen vier Wänden käme nach einiger Zeit nur noch ein Gurgeln, wenn die Pumpen der Wasserwerke elektrisch betrieben werden und Notstromaggregaten der Sprit ausgeht. Speisen und Getränke könnten dann kaum noch zubereitet werden, Toiletten wären verstopft, Krankheitskeime würden sich ausbreiten. In den Supermärkten wären die Lebensmittelregale wegen Hamsterkäufen schnell leergefegt. Nach wenigen Tagen käme es den Katastrophenforschern zufolge dann zu "ernsthaften Engpässen" bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Zudem würde den Menschen das Bargeld ausgehen, weil Bankautomaten und Kreditkartenlesegräte nicht funktionieren.

Auch Arztpraxen und Apotheken könnten ohne Strom nicht arbeiten und Medikamente würden binnen Wochenfrist knapp. Diabetiker und auf Dialyse angewiesene Nierenkranke könnten sterben. In Schweine- und Hühnermastbetrieben auf dem platten Land würden zehntausende Tiere verenden, weil sie nicht mit Wasser, Futter oder Frischluft versorgt werden könnten.

 Nur vier der 17 Reaktoren sind derzeit am Netz. Foto: dpa

Nur vier der 17 Reaktoren sind derzeit am Netz. Foto: dpa

Katastrophenschützer geben daher Ratschläge wie im Kalten Krieg: Jeder Haushalt solle sich einen Vorrat an Zündhölzern, Kerzen, Batterien, Wasser und Lebensmitteln zulegen.

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