VdK-Landeschef Lang: „Wir haben ein Systemproblem“

Viele Krankenkassen treten auf die Kostenbremse und kürzen Leistungen, weil sie Zusatzbeiträge für Patienten – und damit verbunden einen möglichen Mitgliederverlust – verhindern wollen. Schuld an der Misere ist ein Fehler im System, sagt der saarländische Landesvorsitzende des Sozialverbandes VdK, Armin Lang, im Gespräch mit SZ-Redakteurin Iris Neu.

Herr Lang, Patienten und Patientenberater haben den Eindruck, dass es heute im Vergleich zu früher immer mehr Fälle gibt, in denen Kassen ihren Versicherten Leistungen nicht gewähren wollen. Und dies trotz stattlicher Finanzreserven. Woran liegt das?

Lang: Wir haben ein Systemproblem. Die Krankenkassen selbst haben keine Einnahmen mehr. Die Beiträge gehen komplett in den Gesundheitsfonds. Dieser verteilt das Geld wiederum an die Kassen, und zwar nach den durchschnittlichen Ausgaben. Das ist gesetzlich so geregelt. Kommen die Kassen mit dem Geld aus, haben sie keine Probleme. Kommen sie damit nicht aus, müssen sie von den Versicherten Zusatzbeiträge erheben.

Wegen solcher Zusatzbeiträge wechseln ja viele Patienten ihre Kassen.

Lang: Ja, dazu rät die Regierung auch. Für solche Versicherungen bedeutet das dann auch weniger Mitglieder. Also werden gerade die Kassen bestraft, die sich ihren Patienten gegenüber großzügig verhalten. Um Zusatzbeiträge und damit Patientenabwanderungen zu vermeiden, müssen die Kassen also auf die Bremse treten. Deshalb fordert der VdK: Der Zusatzbeitrag muss weg. Er bremst die Kassen nicht nur bei Leistungsgewährungen, sondern auch bei Innovationen.

Die Kassen haben also selbst wenig Spielraum?

Lang: Ja. Dazu kommt: Das Gros der Ausgaben für die jeweiligen Leistungen - weit über 90 Prozent - ist gesetzlich geregelt. Das kann die einzelne Kasse gar nicht steuern.

Nun häufen sich auch Beschwerden bei Krankschreibungen. Manche Patienten werden von ihren Kassen regelrecht gedrängt, wieder arbeiten zu gehen. Dürfen sich die Versicherungen über die Atteste der Ärzte hinwegsetzen?

Lang: Nein, die Kasse darf sich nicht über den Arzt stellen. Es ist auch absolut nicht vertretbar, dass Versicherte gedrängt werden. Aber die Kassen haben das Recht, eine längere Krankschreibung vom Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen. Eine gute Krankenkasse berät ihre Patienten - und hilft auch bei der Organisation einer guten Behandlung.

Was sollten Patienten Ihrer Meinung nach tun, wenn die Kasse Leistungen verweigert?

Lang: Der Patient sollte zunächst einmal selbst bei seiner Krankenkasse vorsprechen. Er kann darüberhinaus auch externe Hilfe in Anspruch nehmen, etwa bei der Unabhängigen Patientenberatung in Saarbrücken oder beim Sozialverband VdK.

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