Vattenfall kämpft um Vertrauen

Geesthacht. Ernst Michael Züfle (Foto: ddp) kämpft eine Woche nach der erneuten Panne im Atomkraftwerk Krümmel um das Vertrauen der Anwohner. Der Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH betont immer wieder, das Atomkraftwerk an der Elbe östlich von Hamburg könne sicher betrieben werden. Die Schnellabschaltung am 4. Juli habe niemanden gefährdet

Geesthacht. Ernst Michael Züfle (Foto: ddp) kämpft eine Woche nach der erneuten Panne im Atomkraftwerk Krümmel um das Vertrauen der Anwohner. Der Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH betont immer wieder, das Atomkraftwerk an der Elbe östlich von Hamburg könne sicher betrieben werden. Die Schnellabschaltung am 4. Juli habe niemanden gefährdet. Doch während der Manager sich bei einer Veranstaltung im Informationszentrum des Kraftwerks mit Blick auf Reaktorgebäude und Fluss mit den Fragen und Sorgen der mehr als 50 Nachbarn auseinandersetzt, verliert der schwedische Staatskonzern in der deutschen Politik immer mehr an Rückhalt. Über neue Erkenntnisse zum Kurzschluss im Transformator, fast genau zwei Jahre nach dem Brand eines baugleichen Trafos, kann Züfle noch nicht berichten, versichert aber: "Wir werden den Trafo ganz genau untersuchen." Natürlich müsse so eine Anlage fehlerfrei funktionieren, sagt er, auch wenn die nichts mit dem Kern des Kraftwerks zu tun habe. "Das ist unser Anspruch."

Züfle reagiert zwar selbstkritisch, aber auch mit der Sachlichkeit des Ingenieurs auf die geäußerten Ängste. Damit zieht er sich mehrfach den Unmut von Zuhörern zu. In Erklärungsnot gerät der Geschäftsführer beim Vorwurf, Vattenfall habe es versäumt, ein mit der Atomaufsicht vereinbartes zusätzliches Messinstrument zur Überwachung der Transformatoren zu installieren. "Wir wollten das einbauen, es ist nicht eingebaut worden", räumt Züfle zerknirscht ein. Eine Begründung dafür gibt er nicht. Wegen dieses Fehlers habe immerhin der Kraftwerksleiter seinen Posten geräumt. Hektisch und laut ("Ausreden lassen!", "Selbstdarsteller!") wird es, als ein Teilnehmer auch noch die ungeklärte Häufung von Leukämie bei Kindern in der Elbmarsch thematisiert, Vattenfall dafür mitverantwortlich macht und dem Unternehmen einen fragwürdigen Informationsstil vorwirft. "Wäre es nicht am sichersten, die Anlage stillzulegen?" Mit dieser schlichten Frage bringt ein Kind die Debatte auf den Punkt und gibt dem Manager die Chance, noch einmal für Atomenergie zu werben. "Ich bin davon überzeugt, dass die Anlage sicher betrieben werden kann." Langfristig müsse Strom ohne Ausstoß von Kohlendioxid produziert werden, dafür sei das Kraftwerk wichtig. "Vattenfall und meine Mannschaft sind jetzt gefordert." Er wolle künftig mit einem reibungslosen Betrieb das Vertrauen zurückgewinnen, versichert Züfle.

Um Vertrauen muss der Konzern aber auch bei der Union kämpfen, die der Atomkraft eigentlich positiv gegenübersteht und sogar längere Laufzeiten für die deutschen Meiler befürwortet. "Es ist Schluss mit lustig", befindet Hamburgs Regierungschef Ole von Beust am Wochenende und verlangt ein Behebung der technischen Probleme "innerhalb eines überschaubaren Zeitraums". Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hatte Vattenfall schon in den vergangenen Tagen nur noch einen "letzten Versuch" zugestanden: "Wenn es dort wieder zu einer solchen Situation kommt, dann kümmere ich mich darum, dass dieses Kernkraftwerk abgeschaltet wird."

Was die Union vor allem ärgert: Pünktlich zum Bundestagswahlkampf spielt der Konzern der politischen Konkurrenz in die Hände, die die deutschen Atomkraftwerke lieber heute als morgen abschalten würde. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) macht denn auch keinen Hehl aus seinem Verdruss: Betreiber, die sich verhielten wie Vattenfall in Krümmel, würden "unfreiwillig selbst zu den größten Gegnern der Kernkraft".

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